Am Sonntagabend schalteten wohl Millionen US-Amerikaner ihre Fernsehgeräte nur deshalb ein, um Donald Trump in der Enge zu sehen. Und dessen verzweifelte Versuche, sich im zweiten TV-Duell wieder aus der Sexismus-Tape-Misere herauszureden. Händereibend mag mancher vor dem TV-Gerät gesessen sein, voller Vorfreude auf ein Trump-Desaster.

Allerdings, es kam nicht. Nur in den ersten Minuten ging es um Trumps "Umkleidekabinen"-Prahlereien. Dann schaffte er es, die peinliche Diskussion hinter sich zu lassen und seinerseits zur Attacke überzugehen. Auch deshalb, weil Clinton es zuließ. Er war trotz Skandals wieder angriffslustiger, energischer und selbstsicherer als beim ersten TV-Duell. Clintons staatstragender Stil wirkte fast etwas stoisch. Was es über Trumps Rechtsstaatsverständnis sagt, Clinton in seiner hypothetischen Rolle als US-Präsident mit Gefängnis wegen der E-Mail-Affäre zu drohen, ist eine andere – und keine neue – Geschichte. Bemerkenswert ist aber, dass Trump genug Raum bekam, um seine – männliche – Klientel weiter zu füttern und Clintons Nähe zum Establishment abermals zu betonen.

Dass Trumps Performance ausgereicht hat, um die Revolte bei den Republikanern zu stoppen, kann man getrost bezweifeln. Eine nicht verpatzte Show macht noch keinen republikanischen Sommer. Clinton hat Sonntagnacht aber eine aufgelegte Chance verpasst, Trump in den Umfragen massiv zu deklassieren. Vier Wochen hat sie noch. (Manuela Honsig-Erlenburg, 10.10.2016)