Zwei Kandidaten, die aus der gegenseitigen Abneigung kein Hehl machten: Hillary Clinton und ihr Herausforderer Donald Trump (re.).

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Ganz zum Schluss, als die Frage auftaucht, ob man nicht doch etwas Positives über den anderen zu sagen habe, gibt es doch noch eine kleine Überraschung: Sie respektiere Donald Trumps Kinder, antwortet Hillary Clinton; das seien fähige und fleißige Menschen, und das sage auch etwas aus über Donald. Er schätze das Durchhaltevermögen seiner Kontrahentin, ringt sich auch der Unternehmer lobende Worte über die Frau ab, der er sonst immer vorwirft, nicht über die nötige Ausdauer fürs Präsidentenamt zu verfügen. "Sie wirft nicht hin, sie gibt nicht auf. Sie ist eine Kämpferin." Für viele klingt das alles wie Heuchelei.

Vorausgegangen war das giftigste, bissigste Wortduell der jüngeren Politikgeschichte der USA. Es ging derart aggressiv zur Sache, dass Kommentatoren schrieben, einen solchen Schlagabtausch zwischen Bewerbern fürs Weiße Haus habe man seit dem 19. Jahrhundert nicht mehr erlebt.

Es beginnt damit, dass beide einander den Handschlag verweigern; und dass Trump nach ein paar Sätzen der Pseudoreue zur Gegenattacke bläst. Wer mit Demut gerechnet hatte nach dem Skandalvideo, in dem er sich damit brüstete, Frauen als Star ungestraft zwischen die Beine greifen zu können, mit Frauen alles machen zu können, sieht sich getäuscht. Zwar sei er nicht stolz auf diese Worte, räumt der Immobilienmogul ein; bloß: Das sei eben, vor elf Jahren beim Smalltalk mit dem Entertainment-Reporter Billy Bush, loses Gerede unter Männern gewesen, so wie man es aus den Umkleidekabinen der Sporthallen kenne. Im Übrigen habe niemand größeren Respekt vor Frauen als er, Donald Trump.

Unter die Gürtellinie

Dann startet er ein Ablenkungsmanöver, indem er vom "Islamischen Staat" zu reden beginnt: Er werde dem IS mit einer Härte begegnen, zu der seine Rivalin niemals fähig wäre. Außerdem, will Trump den Spieß umdrehen, habe sich Bill Clinton viel Schlimmeres geleistet als er. "Bei mir geht es um Worte, bei ihm waren es Taten." Nie habe es einen gegeben, der Frauen derart missbraucht habe wie der Expräsident. Hillary Clinton kontert, indem sie Michelle Obama, die aktuelle First Lady, zitiert: Wenn der Gegner Schläge unter die Gürtellinie lande, bleibe man auf moralisch höherem Boden. Das Video aus dem Jahr 2005, am Freitag publik geworden, zeige alles andere als einen Ausrutscher; vielmehr fange es genau ein, was Trump von Frauen halte: "Er sagt, das Video gibt nicht wieder, wer er in Wahrheit ist. Ich denke aber, dass es exakt wiedergibt, wer er ist", so Clinton. Ein Kandidat, der andere herabwürdige, ob es sich nun um Frauen, Muslime, Latinos oder körperbehinderte Reporter handle.

Auch sie habe mit früheren republikanischen Präsidentschaftsbewerbern, fügt die Exaußenministerin hinzu, nicht übereingestimmt – nur sei es damals um inhaltliche Differenzen gegangen. Nie habe sie bezweifelt, dass sie in der Lage wären, das höchste Staatsamt auszuüben. "Bei Donald Trump ist das anders."

Doch am Sonntagabend in St. Louis ist es vor allem der Immobilienmogul, der die Attacken reitet, eine heftiger als die andere. Er behauptet, Clinton habe "Hass im Herzen", weil sie die Hälfte seiner Anhänger im kleinen Kreis als bedauernswerte Gestalten charakterisierte. Er spricht vom "Pakt mit dem Teufel", den ihr innerparteilicher Rivale Bernie Sanders mit ihr geschlossen habe. Er wiederholt sein Leitmotiv, wonach sie nach 30 Jahren in der Politik für eingefahrene Gleise stehe, während er den Wandel verkörpere. "Sie macht nichts anderes als immer nur zu reden. Nur Gerede und keine Taten."

Harte Bandagen

Schließlich, das ist der härteste Angriff des Abends, droht Trump Clinton mit einem Sonderermittler, der die (de facto ausgestandene) E-Mail-Affäre noch einmal durchleuchten werde, sollte er, Donald J. Trump, dereinst im Oval Office sitzen. Clinton erwidert kühl, es sei gut zu wissen, dass nicht jemand mit Trumps aufbrausendem Temperament für die Justiz zuständig sei. Als sie dann auf die Gewaltenteilung der Demokratie verweist, pöbelt der Tycoon: "Weil Sie dann im Gefängnis säßen!"

Inhaltliches kommt viel zu kurz; es ist ein reines Spektakel, "eine düstere, bittere Konfrontation", wie die "Washington Post" titelt. Trump, so der Tenor, hat es mit seiner offensiven Art zumindest geschafft, die Auflösungserscheinungen seiner Kampagne zu stoppen und seine Anhänger bei der Stange zu halten. Bei den Wählern, auf die es ankommt, den Wählern der Mitte, hat er allerdings nicht punkten können.

Indes hat sich nach US-Schauspieler Robert De Niro auch Pink-Floyd-Mitbegründer Roger Waters von Trump distanziert: Beim Desert-Trip-Festival in Kalifornien ließ der Rockstar einen überdimensionalen Ballon in Schweineform mit der Aufschrift "Stop Trump" steigen. (Frank Herrmann aus Washington, 10.10.2016)