Im Wiener Mak werden erotische japanische Holzschnitte namens Shunga ("Frühlingsbilder") gezeigt. Hier das auf die Zeit um 1800 datierte Bild "Eine Kurtisane mit einem Holländer".

Foto: Mak / Georg Mayer

Wien – In Japan gelten diese Bilder nicht gerade als das, was man gemeinhin als nationales Kulturerbe bezeichnen würde. Pornografische Darstellungen wurden im Land schon 1722 offiziell verboten. Seit der Öffnung des Landes im 19. Jahrhundert kennt man japanische Farbholzschnitte vor allem über unverbindliche Landschaftsdarstellungen.

Großbritannien als einer der ersten westlichen Handelspartner zeigte sich wegen des offenen Umgangs Japans mit Sexualität damals puritanisch angerührt. Dass die Darstellung männlicher und weiblicher Geschlechtsteile in Japan im Übrigen noch immer verboten ist (seit 1986 aber nicht mehr geahndet wird), darf dabei nicht außer Acht gelassen werden.

"Frühlingsbilder"

Dabei nehmen Shunga, die unverbindlich "Frühlingsbilder" genannten expliziten sexuellen Darstellungen zwischen Erotik und Pornografie in der Geschichte der Holzschnittkunst einen mindestens ebenso großen Raum ein, wie es heute die filmische Unterhaltungskunst für Erwachsene im Internet tut. Jede technische Entwicklung dient zuvorderst nicht nur dem Militär, sondern auch dem stimulierenden und schließlich entschieden Druck wegnehmenden Freizeitvergnügen.

Das Wiener Mak zeigt nun interessanterweise nicht nur als eines der wenigen Museen erstmals im großen Rahmen Exponate dieser vom 17. bis ins 20. Jahrhundert heraufreichenden Shunga-Kunst. Ein Großteil dieser kunsthistorisch spät gesichteten Bilder besteht auch aus Leihgaben der wohl auch aus Raumnot platzenden Leopold-Privatsammlung.

"Shunga. Erotische Kunst aus Japan" will im aufgrund der Lichtempfindlichkeit der Exponate gut gedimmten Keller des Mak nicht nur Einblicke in eine Welt voller expliziter sexueller Darstellungen bei gleichzeitig streng formalisierter Umsetzung gewähren. Wie auch jeder heutige Porno spielt Shunga nicht im abgeschotteten Raum, sondern spiegelt mittels des räumlichen Umfelds, in dem es zur Sache geht, ein Stück Alltags- und Kulturgeschichte wider.

"Ich sag's der Mama!"

So sieht man auf dem auf die Zeit um 1800 datierten Bild "Eine Kurtisane mit einem Holländer" etwa auch die krallenartigen Fingernägel des rotgesichtigen hässlichen Holländers. Sie sollen dessen "Tierhaftigkeit" unterstreichen. Ein beigestelltes Gefäß, in dem wohlriechende Kräuter in einem Fässchen abgebrannt werden, sollen obendrein den Gestank der ausländischen Bestie übertünchen.

Warum Shunga vielfach auch als "Lachbilder" bezeichnet werden, dokumentiert ein heutigen Comics nicht unähnlicher Bildtext: "Obwohl du nichts verstehst, stoß endlich. Stärker! Was soll ich mit dir nur anfangen?" Auf einem anderen Bild beobachtet ein kleines Mädchen durch ein Schlüsselloch ein kopulierendes Paar und ruft: "Ich sag's der Mama!"

Verbreitung fanden die oft tausendfach gedruckten Shunga neben der Zerstreuung für Männer auch als Hochzeitsgeschenke für Frauen sowie als im Haus oder in den Kimonofalten versteckte Fruchtbarkeitssymbole. Alte Geschichten, die in einer fremden Welt spielen. (Christian Schachinger, 11.10.2016)