Wien – Das Wiener Volkskundemuseum widmet sich in einer neuen Ausstellung privaten Schnappschüssen von Wehrmachtssoldaten. 1939 besaßen bereits zehn Prozent der Deutschen Fotoapparate, Soldaten an der Front nutzten diese für private Aufnahmen.

Kuratorin Petra Bopp – bekannt durch die Wehrmachtsausstellung 1995 – hat in Alben und Nachlässen gewühlt und eine Auswahl zunächst oft harmlos wirkender Bilder zusammengestellt. Entstanden ist eine Schau, die die Frage nach der Wechselwirkung zwischen Kriegspropaganda und Amateurfotografie aufwirft. Im Bild wurden sowohl die Zerstörungen als auch die flüchtende Zivilbevölkerung und Kriegsgefangene festgehalten. Andererseits gibt es Alltagsszenen – etwa von Soldaten, die sich in Paris vom Triumphbogen aus den Eiffelturm ansehen.

Ergänzend zu den gezeigten Schwarz-Weiß-Fotos sprechen in Videointerviews drei ehemalige Soldaten über ihre Motivation beim Fotografieren im Krieg.

Nach Stationen in Deutschland, den Niederlanden und am Grazer Joanneum macht die Ausstellung "Fremde im Visier" nun in Wien halt. Als Basis der Schau dienen rund 150 Fotoalben aus vornehmlich norddeutschem Privatbesitz. Für die Wiener Ausgabe wurden bereits einige Alben aus Sammlungen gesichtet. Darüber hinaus rufen die Ausstellungsmacher Privatpersonen auf, etwaige Nachlässe zur Verfügung zu stellen. (APA, rwh, 14.10.2016)

"Fremde im Visier – Fotoalben aus dem Zweiten Weltkrieg" von 14. Oktober bis 19. Februar 2017 im Volkskundemuseum, Laudongasse 15–19, 1080 Wien. Geöffnet von Dienstag bis Sonntag von 10 bis 17 Uhr. Katalog von Petra Bopp: "Fremde im Visier – Fotoalben aus dem Zweiten Weltkrieg", Kerberverlag, Bielefeld 2009, 160 Seiten, 29,80 Euro.

Link: Volkskundemuseum

"14.000 Juden aus Pultusk", Polen 1939. Privatbesitz Angela Jaspers, Oldenburg

Foto: Volkskundemuseum Wien

Deutscher Soldat führt einen Kriegsgefangenen der französischen Kolonialtruppen vor, ohne Datierung. Anonymer Fotograf, Münchner Stadtmuseum

Foto: Volkskundemuseum Wien

"Lenin ohne Kopf", vermutlich Ukraine 1941. Anonymer Fotograf, Münchner Stadtmuseum

Foto: Volkskundemuseum Wien

Flüchtende sowjetische Zivilisten, Sowjetunion um 1942. Album II Hans Georg Schulz, Privatbesitz Hans Georg Schulz, Erlangen

Foto: Volkskundemuseum Wien

Sowjetische Soldatinnen, vermutlich vor einem Verhör, Sowjetunion, ohne Datierung. Album anonym, Archiv Reiner Moneth, Norden

Foto: Volkskundemuseum Wien

Afrika in Sicht, Flug über das Mittelmeer vor dem Einsatz in Nordafrika, 1942. Album II Johann Wetjen, Privatbesitz Familie Wetjen

Albumseite aus dem Fotoalbum von Friedrich Bilges während des Vormarschs in der Sowjetunion 1941 (zwischen Wjasma und Moskau). Privatbesitz Dr. Hartmut Bilges, Isernhagen

Foto: Volkskundemuseum Wien

Soldaten fotografieren während des Besuchs von Hitler und Mussolini in Uman/Ukraine am 28. August 1941. Archiv Reiner Moneth, Norden

Foto: Volkskundemuseum Wien

"Die Minenprobe" lautet die Beschriftung der Bildrückseite. Eine Umsetzung des tödlichen Befehls zum "Minensuchgerät 42": "Juden sind mit Eggen und Walzen über vermintes Gelände zu jagen." Serie "Vom Donez zum Don". Archiv Reiner Moneth, Norden

Foto: Volkskundemuseum Wien

Rückseite des Fotos "Die Minenprobe". Archiv Reiner Moneth, Norden

Foto: Volkskundemuseum Wien

Wehrmachtssoldat lässt sich von sowjetischen Kindern die Schuhe putzen. Privatbesitz Ernst Feuerhake, Leer

Foto: Volkskundemuseum Wien

Deutsche Soldaten in Paris blicken vom Arc de Triomphe auf den Eiffelturm, Frankreich 1940. Privatbesitz Achim Gerloff, Wiesbaden

Foto: Volkskundemuseum Wien

"Pressefotomänner der Batterie", Frankreich, Juni 1940.
 Privatbesitz Anke Hübner, Oldenburg

Foto: Volkskundemuseum Wien