Abwehramt-Chef Rudolf Striedinger bei Servus TV. Das Abwehramt ist der Inlandsgeheimdienst des Bundesheeres. Für das Ausland ist das Heeresnachrichtenamt zuständig.

Foto: Servus TV

Es kommt nicht jeden Tag vor, dass der Leiter eines österreichischen Geheimdienstes an einer TV-Talkshow teilnimmt. Am vergangenen Donnerstagabend setzte sich Brigadier Rudolf Striedinger, Chef des Abwehramtes des Bundesheeres, in die Gesprächsrunde "Talk im Hangar-7" des Senders Servus TV. Das Thema: Cybersicherheit – ein Gebiet, in dem auch der Inlandsnachrichtendienst tätig ist. Mit dem Auftritt wollte er "Bewusstsein schaffen", so Striedinger zum STANDARD.

"Verheerende Auswirkungen, bis hin zu Toten"

Denn großflächige Angriffe auf kritische Infrastrukturen, wie Energiedienstleister oder auf Finanzsysteme, seien nur mehr eine Frage der Zeit. Diese Angriffe könnten etwa zu einem Blackout, einem mehrtägigen Stromausfall, führen. Und Striedinger geht davon aus, dass solchen Notsituationen auch "verheerende Auswirkungen, bis hin zu Toten" haben werden.

Offensive Komponente

Tatsächlich ist das Blackoutszenario nicht weit hergeholt. 2015 wurde ein Stromkraftwerk in der Ukraine erfolgreich gehackt und die Angreifer konnten Teile der Anlage übernehmen. Schlagzeilen machte dieses Jahr auch eine Attacke auf A1, die für längere Ausfälle des Mobilfunknetzes sorgte. Um derartige Angriffe wirksam zu bekämpfen, bauen Striedinger und sein Team gerade ein Cyber-Defense-Center auf. Dieses soll auch über offensive Waffen zur Kriegsführung im Netz verfügen.

"Jede Verteidigung braucht eine offensive Komponente. Das ist in der realen Welt so und das ist auch in der Cyberwelt so", sagt Striedinger. Wie das Heer zu solchen digitalen Waffen kommt, wird derzeit noch intern beredet. "Es geht darum, dass das Heer solche Fähigkeiten hat, wie sie andere Staaten und Terroristen bereits haben."

Cyberwaffen der NSA im Netz

Was man mit offensiven Software alle anstellen kann, zeigte sich erst vor wenigen Monaten. Im Netz tauchten Programme der US-amerikanischen National Security Agency (NSA) auf, mit deren Hilfe man Firewalls des US-Herstellers Cisco einfach umgehen und sich Zugriff auf IT-Netze verschaffen kann. Damit ist Sabotage oder das Ausspionieren von Firmen, Krankenhäuser oder Behörden ein Kinderspiel. Brisant dabei: Cisco beliefert nicht nur heimische Banken oder Ministerien, sondern auch dasBundesheer.

Obwohl Bundesheer und NSA seit Jahrzehnten zusammenarbeiten, weiß man seit den Enthüllungen von Edward Snowden, dass "Spionage unter Freunden" durchaus üblich ist. So kam im vergangen Jahr ans Licht, dass die NSA, gemeinsam mit deutschen Bundesnachrichtendienst (BND), österreichische Firmen und das Innenministerium elektronisch ausspioniert. Das Bundesheer arbeitet weiterhin mit der NSA zusammen, obwohl die zuständige Staatsanwaltschaft Wien gegen den US-Geheimdienst ermittelte und das Justizministerium derzeit Maßnahmen gegen den Geheimdienst überlegt.

Übungen mit der NATO

"Cyber-Defense" wurde in den letzten Jahren ein Thema beim Bundesheer, da die Zahl von Cyberangriffen ständig zunehme. "Wir haben feststellen müssen, dass jedes Jahr die Bedrohung aus dem Cyberraum deutlich steigt" , sagte Striedinger. Im Budget für das Jahr 2017 hat die Regierung bereits ein Millionenbetrag für die Abwehr von Angriffen über Telekomnetzen vorgesehen.

Das Bundesheer sucht in den kommen Jahren IT-Experten. Dafür veranstaltet man sogenannte Security Challenges.
Foto: Bundesheer/Push

Auch sucht man verstärkt IT-Experten. Insgesamt sollen in den kommenden Jahren 250 Cyberkrieger aufgenommen werden. Gleichzeitig übt das Herr die elektronische Kriegsführung. Dafür nimmt man seit Jahren an Cybermanövern der Nato – in deren Einrichtungen – teil. Wie eng diese Kooperation ist, zeigte sich vergangene Woche auf der IT-Sicherheitstagung des Bundesheeres in St. Johann im Pongau. Dort referierten hochrangige Nato-Offiziere über die täglichen Internetangriffe auf das Militärbündnis oder den russisch-ukrainischen Krieg im Netz. (Markus Sulzbacher, 18.10. 2016)