Für die Bildungsreform sollen einige Pakete geschnürt werden. Erst eines ist beschlossen worden.

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Wien – Mit Gesetzesentwürfen sind die Verhandler noch nicht fertig, aber eine Punktuation zur Schulautonomie wollen Bildungsministerin Sonja Hammerschmid (SPÖ) und Staatssekretär Harald Mahrer (ÖVP) am Dienstag im Ministerrat präsentieren. Bereits am Wochenende hat das Bildungsministerium seine Vorhaben an die ÖVP geschickt.

Was genau darin steht, will man offiziell noch nicht sagen. Es seien jedenfalls umfassende Konzepte im Umfang von 300 Seiten mit 62 Seiten zu Gesetzestextänderungen, rund 400 Novellierungsanordnungen und 32 Änderungen in Bundesgesetzen.

Gearbeitet wird an der Bildungsreform schon seit November vergangenen Jahres. Die lange Dauer der Umsetzung begründen die Verhandler vor allem mit den komplexen Gesetzesmaterien im Schulbereich.

Ein Überblick über den Stand der Umsetzung zur Bildungsreform:

Schulautonomie: Bildungsministerin Hammerschmid will den Gestaltungsspielraum für Schulleiter ausbauen. Die Direktoren sollen sich Lehrer, die neu bestellt werden, selbst aussuchen können. Skeptiker befürchten, dass dann Brennpunktschulen oder Kleinschulen auf dem Land keine guten Lehrer mehr finden. Deshalb wird es wohl eine Art Vetorecht für die Behörden geben müssen. Der ÖVP-Seite wäre überhaupt lieber, wenn die Schulleiter nur ein Vetorecht haben. So war es auch im Entwurf vom November vorgesehen.

Kommen wird auch die Möglichkeit, "Schulcluster" zu bilden. Um teure Kleinschulen leichter verwalten zu können, soll ein Schulleiter für 200 bis 2.000 Schüler beziehungsweise maximal acht Schulstandorte zuständig sein können. Es werden wohl nur Pflichtschulen einen Cluster bilden können. Eine Mischform von Pflichtschulen, die zu den Ländern gehören, und höheren Schulen, für die der Bund zuständig ist, dürfte legistisch zu kompliziert werden.

Kolportiert wird außerdem, dass die Schulleiter auch in Eigenregie fixieren dürfen, ab welcher Größe Klassen geteilt werden. Derzeit müssen die Schulpartner – also Lehrer, Schüler und Eltern – zustimmen. Die Gewerkschaft fürchtet hier ein verstecktes Sparpaket und dass dies zu größeren Klassen und Gruppen führen wird.

Unumstritten sind flexiblere Öffnungszeiten für Schulen und eine Erleichterung für pädagogische Schwerpunktsetzungen und einen flexibleren Umgang mit dem Lehrplan.

Ganztagsschulen: Derzeit verhandelt wird ein Entwurf der Bildungsministerin zum Ausbau der Ganztagsschulen. SPÖ und ÖVP haben sich darauf geeinigt, dass ein Großteil der Milliarde aus der Bankenabgabe, nämlich 750 Millionen Euro, für den Ausbau von ganztägigen Schulformen und Betreuungsangeboten verwendet wird. Bis 2025 sollen 120.000 Plätze entstehen. Noch wird darüber gestritten, wie das Geld auf die Schulen aufgeteilt wird. Die Länder würden das gerne selbst tun, die Bildungsministerin möchte das Geld direkt an die Schulen geben. Die SPÖ möchte zudem verschränkte Ganztagsschulen, wo sich Unterricht und Freizeit abwechseln, finanziell bevorzugen. Die ÖVP ist gegen diesen Vorschlag.

Modellregionen: Noch kein Thema wird am Dienstag die Umsetzung der Modellregionen für die Gesamtschule sein. Eigentlich schon seit vergangenem Jahr ausverhandelt ist, dass 15 Prozent aller Schulstandorte der jeweiligen Schulart beziehungsweise aller Schülerinnen und Schüler pro Bundesland eine Modellregion bilden können, in der die Gesamtschule getestet wird. Wien wollte die Gesamtschule als ganzes Bundesland testen, hat seinen Widerstand aber bereits aufgegeben. Für Vorarlberg, wo auch die ÖVP für eine Gesamtschule ist, soll eine Sonderregelung gefunden werden. Für die neue Ministerin Hammerschmid ist die Gesamtschule nicht so dringlich, wie sie für ihre Vorgängerin Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ) war.

Schulverwaltung: Der heikelste Punkt der Bildungsreform betrifft die Schulverwaltung. Derzeit sind die Länder für die Pflichtschulen zuständig, der Bund verantwortet die höheren Schulen. Künftig sollen "Bildungsdirektoren"diese Schulen gemeinsam verwalten, und die Lehrer sollen gemeinsam über das Bundesrechenzentrum abgerechnet werden. Die Länder fürchten bei dieser Reform um ihren Einfluss. Seit fast einem Jahr geht deshalb nichts weiter.

Volksschule: Bereits umgesetzt ist das sogenannte Schulrechtspaket. Seither ist das Sitzenbleiben bis zur dritten Volksschulklasse die Ausnahme, und die Lehrer und Eltern können selbst entscheiden, ob die Kinder mit Ziffernnoten oder mit alternativen Methoden beurteilt werden. Für einen besseren Übergang in die Volksschule müssen die Eltern bei der Schuleinschreibung ihres Kindes Unterlagen vorlegen, die während der Kindergartenzeit zur Dokumentation des Entwicklungsstandes, insbesondere des Sprachstandes, erstellt wurden.

Kindergarten: Eingeführt werden soll ein "Bildungskompass" im Alter von dreieinhalb Jahren. In einem Entwurf von Familienministerin Sophie Karmasin (ÖVP) ist vorgesehen, dass damit die Entwicklung aller Kinder bundesweit dokumentiert wird. Der Vorschlag muss erst mit den Ländern akkordiert werden. Einen bundesweiten Qualitätsrahmen für die Kindergärten gibt es weiterhin nicht.

Bildungsstiftung: Die "Innovationsstiftung für Bildung" ist ein Projekt von Staatssekretär Mahrer. Sie wurde im Budget für 2017 vorerst mit 50 Millionen Euro dotiert und wird aus der Bankenabgabe finanziert. Über diese Stiftung sollen innovative Projekte in Kindergärten, Schulen und auch Hochschulen finanziert werden. Vor allem die Digitalisierung des Unterrichts soll vorangetrieben werden. (Lisa Kogelnik, 17.10.2016)