Orbán besteht auch nach dem ungültigen Referendum auf eine Verfassungsänderung.

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Budapest – Im ungarischen Parlament hat am Montag die allgemeine Debatte über die geplante Verfassungsänderung nach dem umstrittenen Referendum über die EU-Flüchtlingsquoten begonnen. Der rechtskonservative Premier Viktor Orbán lobte in seiner Rede die "neue Einheit in Ungarn", die durch die Ablehnung der EU-Flüchtlingsquoten durch die Wähler beim Referendum geschaffen worden sei.

Diese Einheit gebe es über die Parteigrenzen hinweg, da die "Menschen erkannt haben, dass die ungarische Souveränität erneut in Gefahr ist", zitierte die Nachrichtenagentur MTI den Regierungschef am Montag. "Diese Menschen wollen, dass die Nationen in Europa bestehen bleiben, während die Anhänger des neuen europäischen Reichs die Nationen abschaffen wollen", erklärte Orbán.

Ungültige Abstimmung

Das umstrittene Referendum über die Verteilung von Flüchtlingen innerhalb der EU Anfang Oktober war an der niedrigen Beteiligung gescheitert. Die Volksabstimmung war ungültig, da weniger als 50 Prozent der Wahlberechtigten eine gültige Stimme abgegeben hatten. Trotzdem feierte Orbán das Referendum als Erfolg und kündigte eine Verfassungsänderung an, um abzusichern, dass kein EU-Beschluss die "verfassungsmäßige Identität" Ungarns verändern könne.

Am Montag erklärte Orbán, bei der Verfassungsmodifizierung gehe es darum, dass "wir an das Bündnis der europäischen freien Nationen und Länder glauben und nicht an ein durch Brüssel gelenktes Reich". Nach der Rede im Parlament waren keine Fragen an Orbán möglich, da der Regierungschef umgehend nach München reiste, wo er am Abend eine Rede im bayerischem Landtag halten sollte.

Opposition verlässt Saal

Die Abgeordneten der oppositionellen Sozialisten (MSZP) und des Demokratenforums (DK) verließen noch vor der Rede Orbáns den Saal und beteiligten sich auch nicht an der Debatte und Abstimmung zur Verfassungsänderung. Da das Referendum keine Gültigkeit habe, sei auch die Modifizierung der Verfassung "sinnlos", so die Begründung. Auch die Grünen (LMP) erklärten, nicht an der Abstimmung teilzunehmen. Sie werfen der Partei vor, mit der Debatte nur von anderen Problemen am Arbeitsmarkt, im Gesundheitswesen und bei der Bildung ablenken zu wollen.

Für eine Verfassungsänderung ist eine Zweidrittelmehrheit im Parlament nötig. Die nötigen Stimmen dürfte die rechtsradikale Jobbik-Partei liefern. Der Jobbik-Vorsitzende Gábor Vona hatte sich hinsichtlich der Teilnahme an der Debatte auf die "patriotische Pflicht" seiner Partei berufen. Die Abstimmung über die Verfassungsänderung soll Anfang November erfolgen. (red, 17.10.2016)