Alle Fäden laufen bei Milo Đukanović zusammen. Diesmal konnte der 54-Jährige offenbar gut mobilisieren. Mit 72 Prozent war die Wahlbeteiligung in dem Land mit 620.000 Einwohnern sehr hoch.

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Podgorica/Sarajevo – Die Minderheitenvertreter sind zurzeit die begehrtesten Politiker in Montenegro – denn nach der Wahl am Sonntag sind sowohl die bisherige Regierungspartei DPS als auch die Oppositionsparteien auf die vier Vertreter der Bosniaken, Albaner und Kroaten angewiesen, wenn sie an die Macht wollen.

Die Demokratische Partei der Sozialisten (DPS) bekam laut vorläufigen Ergebnissen 41,1 Prozent der Stimmen und verlor damit im Vergleich zu 2012 etwa vier Prozent. Sie kann mit 36 Sitzen von insgesamt 81 Sitzen im Parlament rechnen. An zweiter Stelle folgt – sowie bisher – die prorussische Demokratische Front (DF), die vor allem von Serben in Montenegro gewählt wird. Die DF verlor leicht und wird 18 Mandatare stellen.

Vier weitere Parteien sind im Parlament vertreten: Das Wahlbündnis namens Schlüssel wird voraussichtlich mit neun Mandataren und die Demokraten mit acht Abgeordneten im Parlament vertreten sein. Geschafft haben es auch die Sozialdemokraten, die vier Sitze haben werden, sowie eine Splitterpartei der Sozialdemokraten mit zwei Mandataren.

Premier und DPS-Chef Milo Đukanović machte aus dem Stimmenverlust sogleich einen relativen Wahlsieg und argumentierte, dass seine Partei noch immer doppelt so viele Wähler hinter sich habe wie seine größte Konkurrenz. Er kündigte an, wieder die Regierung bilden zu wollen, und sagte, dass die DPS und "ihre Partner mindestens 42 Abgeordnete" haben würden. Die zwei Ex-Sozialdemokraten werden wohl mit ihm koalieren. Gemeinsam mit den Minderheitenvertretern hätte er damit bereits genug.

Opposition will auch regieren

Doch auch die Oppositionsparteien wollen an die Macht und eine neuerliche DPS-Regierung verhindern. Sie hatten im Vorfeld geschworen, nicht mit Đukanović zu koalieren. Zentral ist aber nicht nur, für wen sich die Minderheitenvertreter entscheiden. Denn auch wenn Đukanović nur mit einer hauchdünnen Mehrheit rechnen kann, so wäre eine Koalition aller Oppositionsparteien wohl noch instabiler.

Die Demokratische Front gilt den anderen als zu radikal und vor allem zu antieuropäisch. Đukanović kann zudem mit der Unterstützung des Westens rechnen. Zurzeit ratifizieren die Nato-Länder gerade den Beitritt von Montenegro. Man werde nicht nur dem Verteidigungsbündnis beitreten, sondern auch die EU-Verhandlungen abschließen, meinte der Langzeitpremier am Montag. Montenegro verhandelt seit 2012 mit der EU, bisher wurden zwei Drittel der Kapitel geöffnet, aber noch keines geschlossen. Für die USA und Deutschland ist Đukanovićs Versprechen, Montenegro an den Westen zu binden, zentral.

Der Mann, der zu Beginn der 1990er-Jahre der engste Verbündete des damaligen serbischen Präsidenten Slobodan Milosevic war, löste sich später von diesem. Anschließend unterstützte der Westen ihn dabei, Montenegro in die Unabhängigkeit zu führen – was er 2006 erreichte. Im Wahlkampf warnte die DPS nun erneut erfolgreich vor dem Schreckgespenst einer prorussischen Machtübernahme durch die DF.

Angeblicher Terrorakt

Am Samstag wurden sogar 20 serbische Staatsbürger in Montenegro wegen Terrorverdachts verhaftet, die laut der Staatsanwaltschaft eine Machtübernahme geplant haben sollen. Der prorussische Politiker und ehemalige Gendarmeriechef in Serbien, Bratislav Bata Dikic, war mit seinen Leuten nach Montenegro gekommen.

Laut Staatsanwaltschaft hatten die 20 Serben am Wahlabend Angriffe gegen staatliche Institutionen geplant. Der serbische Premier Aleksandar Vucic sprach allerdings von einer "fragwürdigen" Verhaftung. Er wolle seriöse Informationen sehen, wonach tatsächlich Terrorakte geplant worden seien.

De facto ist der Einfluss Russlands in Montenegro gar nicht so groß. Viele Russen haben – seit sich Montenegro den Sanktionen angeschlossen hat – ihre Appartements an der Küste wieder verkauft. Russische Investoren zogen sich schon vor Jahren zurück.

Opposition und Zivilgesellschaft kritisierten die Sperre von Handy-Nachrichten durch die Telefonbetreiber am Wahltag. Angeblich sollten damit Hackerangriffe verhindert werden.(Adelheid Wölfl, 17.10.2016)