Der 22-Jährige, der als Wachsoldat der Terrormiliz IS gedient haben soll, wurde unter strengen Sicherheitsvorkehrungen in den Gerichtssaal geführt.

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Salzburg – Ist der junge Mann aus Syrien ein Aufschneider oder ein Terrorist? Oder wurde er gar von einem missgünstigen Landsmann bei den österreichischen Behörden vernadert? Mit diesen Fragestellungen sah sich am Montag ein Schöffensenat am von schwerbewaffneten Polizeikräften abgeriegelten Salzburger Landesgericht konfrontiert.

Auf der Anklagebank: der 22-jährige Ahmad Al I. Ihm wirft die Staatsanwaltschaft vor, von Herbst 2014 bis Februar 2015 bei der Terrororganisation "Islamischer Staat" als Soldat gedient zu haben. Strafdrohung: bis zu zehn Jahre Haft. Ahmad Al I. wurde im September 2015 in einem Flüchtlingslager in Salzburg verhaftet. Er sitzt seither in Untersuchungshaft.

Seinen Ausgang nahm das Verfahren, nachdem der Syrer von einem anderen Asylwerber angezeigt worden war. Ahmad Al I. habe im Lager von seiner Zugehörigkeit zum Daesch, wie die Terrorgruppe IS auch genannt wird, erzählt. In den Aussagen des am Montag unter Ausschluss der Öffentlichkeit vernommenen Zeugen waren auch grausame Details enthalten: So soll der Angeklagte syrischen Regierungssoldaten gewaltsam Diesel injiziert haben.

Nach seiner Verhaftung hat Ahmad Al I. bei den ersten Einvernahmen auch nicht geleugnet, als Wachsoldat für die Terrormiliz aktiv gewesen zu sein. Auf seinem Tablet-Computer fanden die Ermittler auch einschlägiges Propagandamaterial.

Türkischer Gastronom soll aussagen

Vor Gericht tischte er eine andere Version auf. Er wäre zirka drei Jahre – damit auch zur fraglichen Zeit – mit seinem Bruder in Istanbul in einem Gastronomiebetrieb tätig gewesen und hätte so die Flucht nach Europa finanziert. Diese habe rund 1800 Euro pro Person gekostet. Dass der Restaurantbetreiber vor den türkischen Behörden angab, er wäre nur drei Wochen dort gewesen, erklärte sein Pflichtverteidiger damit, dass er wohl ohne Anmeldung gearbeitet habe und der Lokalbetreiber keine Schwierigkeiten mit den türkischen Steuer- und Sozialbehörden wollte. Die Ladung als Zeuge zu dem Prozess hat der Türke nicht entgegengenommen.

Und wie sind die Propagandafotos auf sein Tablet gekommen? Das wären Fotos, die jedermann im Internet sehen könne, er habe diese wohl irrtümlich auf seinem Facebookaccount gespeichert, sagt der Angeklagte.

Der Prozess wurde zur Vorladung des Istanbuler Gastronomen und weiterer Zeugen vertagt.

Weitere Verfahren in Salzburg

Auf das Salzburger Gericht kommen aber auch noch weitere brisante Verfahren zu: Da ist einmal jener 26-jährige Marokkaner, gegen den die Staatsanwaltschaft Anklage wegen Beteiligung am IS erhoben hat. Dieser konnte vergangenen Dezember seiner Verhaftung knapp entkommen. Bei der Polizeiaktion wurden zwei mutmaßliche Komplizen verhaftet. Der 26-jährige Marokkaner wurde dann in Belgien gestellt und nach Salzburg ausgeliefert. Ein Prozesstermin steht aber noch nicht fest.

Seine beiden in Salzburg festgenommen möglichen Komplizen wurden an Frankreich ausgeliefert; sie könnten in Zusammenhang mit den Anschlägen in Paris stehen. Darüber hinaus sitzen in Salzburg noch zwei weitere Männer in U-Haft. Sie sollen mit dem nun angeklagten Marokkaner in Verbindung gestanden sein. (Thomas Neuhold, 18.10.2016)