Lentos-Chefin Stella Rollig wird Agnes Hussleins Nachfolgerin im Belvedere. Ihr künftiger Kodirektor Wolfgang Bergmann (li.) war bisher im STANDARD-Vorstand.

Foto: Matthias Cremer

Ein "Nein" wäre eine klare Ansage gewesen. Doch als Stella Rollig (56) bei ihrer Präsentation als neue künstlerische Leiterin des Belvedere gefragt wurde, ob sie sich in der Vergangenheit auch schon für die Leitung der Kunsthalle Wien und des Mumok beworben habe, antwortete sie ausweichend: Es sei Usus, über Bewerbungen Stillschweigen zu bewahren.

Ehrenrührig wären diesbezügliche Ambitionen Rolligs, die seit 2004 sehr engagiert das Linzer Lentos und seit 2011 auch das Nordico-Stadtmuseum leitet, jedenfalls nicht gewesen. Ebenso wenig wie die Tatsache, dass sie sich als Wienerin freut, nach zwölf Jahren in Linz wieder in die Bundeshauptstadt zurückzukehren. Ihr Vertrag in Linz, der noch 2013 bis 2019 verlängert worden war, wird vorzeitig aufgelöst.

Kunst, sagte sie in einem Interview, sei für sie immer mit einem Moment des Unerwarteten verknüpft: "Ich möchte von Kunst, die ich als gut empfinde, zunächst immer verwirrt oder überrascht werden." Im Lentos erweiterte sie die Sammlung um Video und Konzeptkunst und sorgte mit Themenausstellungen etwa über nackte Männer oder frustrierte Hausfrauen für publikumswirksame Aufreger. Ihrem Motto – "Wichtig ist, dass Kunstgeschichte neu geschrieben wird" – wird sie wohl auch im Belvedere treu bleiben.

Stella Rollig, geboren 1960 in Wien, arbeitete nach ihrem Germanistik- und Kunstgeschichtestudium zunächst als Journalistin, auch einige Jahre beim STANDARD – lange bevor ihr künftiger Kodirektor Wolfgang Bergmann im Jahr 2000 dessen Geschäftsführer wurde. 1994 ernannte der damalige Kulturminister Rudolf Scholten die eher zurückhaltende Kunsthistorikerin zur Bundeskuratorin für bildende Kunst. Zum Auftakt ihres Zweijahresvertrags gründete sie das Depot als Raum für Kunst und Diskussion. "Mich interessiert Kunst nicht, wenn sie nicht politisch ist", sagte sie einmal: "Damit meine ich nicht Parteipolitik, sondern etwa Fragen der Migration oder auch die Thematisierung der Erfahrung der eigenen Lebensrealität."

Wissenstransfers und Wissensproduktion, spartenübergreifende Neugierde und Haltung nennt sie als die wichtigsten Aufgaben eines Museums: "Was ist die österreichische kulturelle Identität in Europa vor dem Hintergrund einer globalisierten Welt": Fragen wie diese will sie ab 16. Jänner 2017 im und mit dem Belvedere stellen. (Andrea Schurian, 17.10.2016)