Oslo/Wien – Umweltschutzorganisationen laufen Sturm gegen jegliche Versuche von Konzernen, in der ökologisch besonders heiklen Arktis nach Kohlenwasserstoffen zu suchen. Am Dienstag haben Greenpeace Nordic sowie Nature & Youth vor dem Bezirksgericht Oslo eine Klage gegen die norwegische Regierung eingereicht. Diese hat im Mai neue Ölförderlizenzen in der Arktis vergeben, unter anderem an die OMV. Die Umweltorganisationen argumentieren, dass die Lizenzvergabe verfassungswidrig ist und dem Pariser Klimaschutzabkommen widerspricht.

"Die norwegische Regierung fährt zweigleisig. Das Land war eines der ersten, die den Klimavertrag von Paris ratifiziert haben. Kurz darauf öffnet die Regierung weite Teile der arktischen Barentssee für Ölbohrungen. Das ist unverantwortlich", sagte der Klima- und Energiesprecher von Greenpeace in Österreich, Adam Pawloff, zum STANDARD. Ein schrittweiser und rascher Ausstieg aus der Nutzung fossiler Energieträger sei zwingend, um die in Paris vereinbarte Eindämmung der Erderwärmung unter zwei Grad Celsius gegenüber der vorindustriellen Zeit einzuhalten. Neue Bohrungen mit anschließender Förderung konterkarierten diese Zielvereinbarung.

13 Konzerne erhielten Lizenzen

Die Ölbohrlizenzen wurden diesen Sommer an 13 Ölkonzerne vergeben: Neben der norwegischen Statoil, Chevron und Conoco Phillips aus den USA sowie Lukoil aus Russland erhielt auch die OMV als Partner eine Lizenz. Der österreichische Mineralölkonzern hat erste Probebohrungen schon im Jänner durchgeführt – bereits damals begleitet von Greenpeace-Protesten. Als Betriebsführer beim Feld Wisting hält OMV (Norge) einen Viertelanteil an der Lizenz. Die Joint-Venture-Partner sind Petoro, Idemitsu und Tullow mit je 20 Prozent sowie Statoil mit 15 Prozent.

Bei der OMV will man die Klage selbst nicht kommentieren. Fakt sei: "Wir halten uns an alle Regeln und Vorschriften, nehmen die Kritik von Greenpeace ernst und stellen uns dieser," sagte ein Unternehmenssprecher. Greenpeace sei darüber hinaus bei Genehmigungsverfahren von Bohrungen als Nichtregierungsorganisation (NGO) mit involviert.

Laut Greenpeace-Sprecher Pawloff ist ein weiterer Grund für die Klage, dass Norwegen mit den neuen Lizenzen seine eigene Verfassung ignoriere. Der 2014 hinzugefügte Paragraf 112 garantiere eine gesunde und sichere Umwelt für die kommenden Generationen. Und das sei mit fortgesetzten Bohrungen nicht gegeben. (Günther Strobl, 18.10.2016)