Haftet Strache für Hetze auf seiner Seite, die nicht er selbst gepostet hat? Juristen sind geteilter Meinung.

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Ist FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache für verhetzende Postings auf seiner Facebook-Seite verantwortlich? Muss sogar er selbst strafrechtliche Konsequenzen befürchten? Juristen sind darüber geteilter Meinung. Anlassfall ist ein Facebook-Posting Straches, unter dem sich zahlreiche Hasspostings häuften. Die Postings wurden erst mit zeitlicher Verzögerung entfernt – zugleich wurden aber auch User, die Strache auf die hetzerischen Inhalte aufmerksam machten, blockiert. Nun prüft die Staatsanwaltschaft Wien, ob die Postings als Verhetzung zu werten sind und, wenn ja, ob Strache selbst dafür haftet.

"Unwahrscheinlich"

Laut Roland Pichler vom Institut für Strafrecht und Kriminologie der Uni Wien ist es "eher unwahrscheinlich", dass es zu einer Anklage gegen Strache kommt. Einerseits sei es schwierig, objektiv eine strafbare Tat darin zu sehen, einen Link auf einen reißerischen "Krone"-Artikel zu posten – selbst wenn Strache wohl damit rechnen musste, dass er damit viele Hasspostings provoziert.

Andererseits müssten die Ermittler nachweisen, dass Strache "es ernstlich für möglich hielt und sich damit abgefunden hat", dass sich hetzerische Postings auf seiner Seite befinden. Dass die Postings eine Zeitlang nicht gelöscht wurden, obwohl es in sozialen Medien einige Empörung über die darin enthaltenen Gewaltaufrufe gab, könne man nämlich nicht unbedingt Strache persönlich vorwerfen, sondern nur jenen Mitarbeitern, die mit der Moderation der Seite beauftragt sind, so Pichler. Strache müsse nur dafür Sorge tragen, dass diese Mitarbeiter ausreichend Zeit für das Postinglöschen haben und dieser Aufgabe gewachsen sind. Dem FPÖ-Chef nachzuweisen, dass er das vernachlässigt hat, sei ziemlich schwieirig – und im Strafrecht entscheidet das Gericht im Zweifel eben immer für den Angeklagten.

Löschen wurde unterlassen

Anders sieht das Katharina Beclin, ebenfalls vom Institut für Strafrecht und Kriminologie. Ein Facebook-Betreiber sei jedenfalls dann für Hetze in den Postings verantwortlich, "wenn er davon Kenntnis erlangt hat". Anders gesagt: Wird der Betreiber der Seite auf konkrete Inhalte aufmerksam gemacht und unterlässt er es, sie zu entfernen, dann haftet er selbst. Und das sei in diesem Fall eben Strache, weil er als Namensgeber der Seite letztlich dafür verantwortlich sei.

Voraussetzung für eine Strafbarkeit ist, dass die Hasspostings selbst aus Sicht des Gerichts einen Straftatbestand erfüllen. Wird beispielsweise im Posting zu Gewalt gegen Angehörige einer religiösen Minderheit aufgerufen, dann ist dies wohl der Fall.

Dass es Strache oder seinen Mitarbeitern unzumutbar wäre, das große Aufkommen an Postings zu durchforsten, glaubt Beclin nicht: Strache habe dadurch, dass ein solches Posting auf seiner Seite erschien, eine gewisse "Gefahrenlage" für hetzerische Postings geschaffen. "Wenn er so etwas postet, dann weiß er, was er bei seiner Klientel provoziert", meint Beclin. Dass Strache von manchen Usern öffentlichwirksam auf die Hassinhalte aufmerksam gemacht wurde – und diese in der Folge geblockt wurden –, erleichtere den Ermittlern den Nachweis, dass der FPÖ-Chef von der Hetze wusste. "Es ist erwiesen, dass er Kenntnis hatte", sagt Beclin.

"Brisante Themen"

Strache selbst rechtfertigt mit dem großen Postingvolumen: Jeden einzelnen Beitrag zu überprüfen sei angesichts der Menge nicht möglich. Das lässt Beclin nicht gelten: "Er weiß, dass besonders brisante Themen bestimmte Reaktionen provozieren. Wenn er weiß, dass er die Kontrolle darüber nicht hat, darf er solche Inhalte nicht posten." Pichler sieht das anders: Der Betreiber der Seite müsse "schon gewisse Vorkehrungen treffen", um Hetze zu vermeiden. Auflagen hinsichtlich der Inhalte, die er selbst veröffentlicht, würden jedoch der Meinungsfreiheit widersprechen. (Maria Sterkl, 18.10.2016)