Graz – Zur Implantation von Herzklappen haben Chirurgen am LKH-Uniklinium Graz eine neue Methode entwickelt, die nun erstmals bei einem Patienten angewendet wurde. Die Ärzte wählten den Zugang zur Aortenklappe nicht über den geöffneten Brustkorb oder die Leistengefäße, sondern über einen kleinen Schnitt am Hals. Er habe "null Minuten" gebraucht, um sich dafür zu entscheiden, sagte der erste Patient nach erfolgreicher Operation am Dienstag.

"Sie sehen, dass Sie nichts sehen", kommentierte Otto Dapunt, Leiter der Klinischen Abteilung für Herzchirurgie, das optische Ergebnis der neuen Eingriffsmethode zur Implantation von Aortenklappen. Mehr als der gut verheilte, nur etwa drei Zentimeter lange Schnitt im Bereich der Halsgrube zähle aber, dass sich die körperliche Belastung des Patienten, die eine klassisch durchgeführte Herzklappenimplantation mit sich bringen kann, "um ein Vielfaches" verringert. Bei der konventionellen Operation wird das Brustbein zur Gänze oder zumindest teilweise geöffnet – ein Eingriff, der rund 200 mal jährlich am Grazer Uniklinikum durchgeführt wird.

Speziell für ältere Patienten

Selbst bei minimal invasiven Methoden, wie sie in Graz seit 2007 häufig angewendet werden, wird der Zugang über einen kleinen Schnitt zwischen der dritten und vierten Rippe gewählt. Doch auch dann wird der Patient an die Herz-Lungen-Maschine angeschlossen und sein Herz steht vorübergehend still, erklärte Dapunt. Erleichterungen brachte seit 2007 in vielen Fällen die Implantation über die Leistengefäße und einen Katheter. Ist der Weg über die Leistengefäße aber nicht möglich, wie es bei dem 85-jährigen Grazer Patienten der Fall war, sei der Halsschnitt eine "sehr schonende Alternative". Die Methode sei speziell für diese Patientengruppe bzw. ältere Patienten geeignet, bei denen eine Brustkorböffnung risikoreich ist.

Durch den Schnitt in der Halsgrube erreichten die Grazer Mediziner die defekte Klappe direkt über die Hauptschlagader. "Wir gehen minimalst invasiv vor", sagte Dapunt. Das Implantat, das ohne Nähte halte, werde mithilfe eines Drahtes an die richtige Stelle gesetzt. Die Operation kann am schlagenden Herzen, ohne Einsatz der Herz-Lungen-Maschine durchgeführt werden. "Das alles geht nur, weil wir einen Hybrid-OP haben, in dem wir die Kathetertechnik anwenden und auch operieren können", so der Mediziner.

Für den Zugang über den Hals hat Dapunt seit 2011 mit einer schottischen Firma eine spezielle Halteapparatur entwickelt. Der neue Methode seien jahrelange experimentelle Versuche, drei klinische Eingriffe in einem Spital in Paraguay und zwei wissenschaftliche Publikationen vorausgegangen. Der 85-jährige Grazer ist laut Angaben der Grazer Mediziner der erste Patient nach Abschluss der Studienphase, an dem die Methode zur Anwendung kam. Vor drei Monaten hat sich der Patient der Operation unterzogen. Danach folgte eine Reha. (APA, 18.10.2016)