Lucas Kinney hat das Leben in England nicht mehr gefallen: Das Wetter sei schlecht und, na ja, "eh schon wissen". Eine Aussage, die zwar schwammig, doch halbwegs verständlich wäre, wenn der Protagonist von Paul Refsdals Dokumentarfilm Dugma – The Button nun unter einer karibischen Palme liegen würde. Doch Kinney steht in einem desolaten Haus in Syrien. Er nennt sich jetzt Abu Basir al Britani und hat bei der Al-Nusra-Front als Selbstmordattentäter angeheuert.

Die zur Zeit der Dreharbeiten als syrische Zweigstelle der al-Kaida operierende Gruppe erlaubte dem norwegischen Journalisten Refsdal, zwei ihrer Märtyrer in spe zu begleiten: Abu Basir, in dem erste Zweifel erwachen, als seine frisch angetraute Ehefrau schwanger wird, und Abu Qaswara al Maki, der für Fastfood schwärmt und seine Tochter nur aus Videos kennt. Beide werden als durchaus sympathische Männer gezeigt, und doch wünschen beide, für Sündenerlass und Jungfrauen möglichst viele mit sich in den Tod zu reißen. Mitunter erinnert das Gesagte an die britische Satire Four Lions, so absurd erscheint es in seiner ganzen Schrecklichkeit.

Journeyman Pictures

Refsdal, der seine Karriere als Kriegsreporter 1984 in Afghanistan begann und 2009 von Taliban, die er porträtieren wollte, gekidnappt wurde, will, wie er sagt, "die andere Seite" und damit das wahre Gesicht der Kämpfer zeigen. Die Porträtierten scheinen die Filmarbeit auch nicht für Propagandazwecke beeinflussen zu wollen. Als ein Mann in die Kamera schimpft, dass in einem von Amerikanern bombardierten Haus nur Zivilisten gewesen wären, wird er von einem Mitglied der Al-Nusra-Front zurechtgewiesen, das Lügen zu unterlassen.

Am Ende des Tages reichen die unkommentierten Stimmen jener, die auf der offensichtlich äußerst langen Warteliste für Suizidbomber stehen, um den Krieg als menschliche Tragödie erkennbar zu machen. (Dorian Waller, 20.10.2016)