Wien – Finanz- und Wirtschaftskrise, gestiegenes Misstrauen gegenüber Finanzdienstleistern, niedrige Zinsen: Pensionskassen hatten es schon einmal leichter. Staatliche Pensionsleistungen werden als deutlich sicherer eingeschätzt als private Vorsorgeprodukte, gestanden in- und ausländische Branchenvertreter am Mittwoch im Rahmen einer Fachtagung in Wien ein. Eine Chance sehen sie aber im Ausbau der betrieblichen Vorsorge.

Ihre Argumente dafür sind aus ihrer Sicht noch immer gültig: Weil die Lebenserwartung rasch steige, werde es immer wichtiger, schon früh mit dem Sparen fürs Alter zu beginnen.

Eine Jugendstudie eines sozialpartnerschaftlich organisierten deutschen Vermittlers für Betriebspensionen zeigt jedoch, dass die Sparmotivation fürs Alter gerade bei Jungen nicht zu-, sondern abnimmt. Der Studie zufolge stimmen nur 23 Prozent "voll und ganz" der Aussage zu, dass man von einer privaten Vorsorge mehr erwarten könne als von der staatlichen Rente. Bei der Erhebung 2010 waren es noch 31 Prozent.

Von den Befragten im Alter von 17 bis 27 gab rund jeder Dritte an, regelmäßig für die Altersversorgung anzusparen. Ein größerer Teil des Ersparten fließe aber in die Freizeitgestaltung.

"Blanke Illusion"

Viele Junge können sich wegen der unsicheren Lage am Arbeitsmarkt und der unsteten Arbeitsbiografien schlichtweg keine private Vorsorge leisten, wissen auch die Pensionskassen.

Dass Geringverdiener jemals in eine solche einzahlen würden, sei blanke Illusion, sagte der Chef der deutschen Arbeitsgemeinschaft für betriebliche Altersvorsorge, Heribert Karch. Die Konsequenz: Der Gesetzgeber solle Bezieher von niedrigen Einkommen begünstigen, indem Arbeitgeber für sie höhere Beiträge zur Betriebspension von der Steuer absetzen können als für Gutverdiener.

Gerade weil Hausbau oder Familiengründung für Junge wenig Spielraum für private Vorsorge ließen, sei die betriebliche so wichtig, sagte Pensionskassen-Obmann und ÖVP-Abgeordneter Andreas Zakostelsky. Geht es nach ihm, sollen Betriebspensionen vermehrt in Kollektivverträgen verankert werden. Lohnerhöhungen würden dann nicht ausschließlich "auf die Hand" ausgezahlt werden, sondern ein Teil davon über höhere Beiträge zur betrieblichen Vorsorge erfolgen.

Binnen fünf Jahren solle so jeder zweite heimische Arbeitnehmer über eine Pensionskassen-Vorsorge verfügen, hatte der Fachverbandsobmann schon im August gefordert. Nach damaligen Angaben finden sich in 69 von 859 Kollektivverträgen entsprechende Regelungen. Derzeit haben 23 Prozent der Beschäftigten Anspruch auf eine Betriebspension.

Als Vorbild dient einerseits die Schweiz, wo das Drei-Säulen-Modell mit staatlicher, betrieblicher und privater Vorsorge besonders stabilisierend für die Lebensverhältnisse im Alter sei. Zum anderen Norwegen. Dort habe man die Debatte über die Anpassung der Pensionssysteme schon Ende der 1990er-Jahre hinter sich gebracht, sagte Bjorn Hamre, Vorstand beim norwegischen Pensionsfonds KLP. "Die betriebliche Rentenversicherung wurde obligatorisch eingeführt, mit einer gesetzlich geregelten Anpassung an die Teuerung", so Hamre. "Jeder Norweger hat heute Anspruch auf 1,5 Millionen Kronen (ca. 170.000 Euro, Anm.) – das ist viel wert." Auch die oben beschriebene Begünstigung von Geringverdienern durch höhere Absetzbarkeitsgrenzen ist in Norwegen bereits Praxis.

Rendite trotz Niedrigzinsen

Die Pensionshöhe bei der betrieblichen Vorsorge ist in hohem Maß vom Veranlagungsergebnis und damit von der Entwicklung an den Kapitalmärkten abhängig. Die Arbeiterkammer warnte in der Vergangenheit mehrfach vor übertriebenen Ertragserwartungen und mahnt Anbieter zu Transparenz bei Kosten und Risiko.

Zakostelsky sagte dazu am Mittwoch, die Pensionskassen würden mit einer durchschnittlichen Rendite von 5,07 Prozent in den letzten drei Jahren vorzeigen, dass auch in einem Niedrigzinsumfeld Rendite zu erzielen ist. (smo, 20.10.2016)