Wien – Vorerst sieht es noch recht gut aus für eine baldige Bildungsreform – auch wenn Lehrer und Eltern sich skeptisch zeigen und sogar Proteste ankündigen. Denn zumindest aus den Ländern, mit denen der Vorstoß von Bildungsministerin Sonja Hammerschmid (SPÖ) und Staatssekretär Harald Mahrer (ÖVP) noch nicht akkordiert war, gab es am Dienstag einhellig Zustimmung. Es müssten zwar erst die noch nicht vorliegenden detaillierten Gesetzestexte geprüft werden, aber grundsätzlich gebe es derzeit nichts auszusetzen, so der Tenor.

Der Kärntner Landeshauptmann Peter Kaiser (SPÖ) pries die Schulautonomie als "Kernpunkt der Bildungsreform, die auch die ideale Voraussetzung für die Ganztagsschule mit verschränktem Unterricht bietet". Salzburgs Landeshauptmann Wilfried Haslauer (ÖVP) hält die Schulen durch die Autonomiebestrebungen für aufgewertet, Schulleiter würden schließlich "mehr Gestaltungsfreiheit" erhalten und könnten zukünftig inhaltliche Schwerpunkte definieren.

Eltern kündigen Proteste an

Gernot Schreyer, Präsident des Bundeselternverbandes, schlägt andere Töne an. Er befürchtet eine "Entmündigung der Schulpartnerschaft". Dagegen wolle er "mit allen Mitteln vorgehen", kündigt Schreyer in einer Aussendung an. Herbert Weiß, Vorsitzender der AHS-Lehrergewerkschaft, stimmt ein: "Autonomie wird von der Politik als Synonym für Entmündigung der Betroffenen und Mangelverwaltung missbraucht."

Von einem anderen Schulpartner, den Schülern, kommt hingegen Zustimmung, allerdings mit Einschränkungen. Harald Zierfuß, seit September Bundesschulsprecher, findet mehr Autonomie für Schulen grundsätzlich begrüßenswert. Man müsse jedoch abwarten, wie die geplante Reform umgesetzt werde, sagt der Schülervertreter.

Dennoch hofft Zierfuß auf Nachverhandlungen, denn nach derzeitigem Stand seien die Schulpartner an den Schulen zu wenig eingebunden. "Alle Entscheidungen den Standort betreffend – wie autonome Tage – kann der Schulleiter alleine treffen", kritisiert er im STANDARD-Gespräch. Der Schulgemeinschaftsausschuss, der sich in jeder Schule aus drei Eltern, drei Lehrern und drei Schülern zusammensetzt, habe lediglich eine beratende Funktion und dürfe nicht mitentscheiden, ärgert sich Zierfuß.

Kein Sparpotenzial

Mehr Enthusiasmus kommt von Bildungsexpertin Christa Koenne: Grundsätzlich sei das von der Regierung angedachte Paket absolut brauchbar, sagt sie. Die neuen Clusterleiter, die laut Plan bis zu acht Schulen administrativ vorstehen können, würden "verschiedene Schulkulturen kennenlernen", was bereichernd sei, ist die Expertin überzeugt.

"Das Potenzial, etwas einzusparen, sehe ich bei dieser Reform derzeit allerdings nicht", sagt Koenne. Skeptisch ist sie auch, ob die Veränderungen nicht langfristig dazu führen, dass Schulen zusammengelegt und kleinere Standorte aufgelöst werden. Allerdings: "Werden den Kindern dadurch keine zu langen Wege zugemutet, wäre das auch nicht problematisch." (Marie-Theres Egyed Katharina Mittelstaedt, 19.10.2016)