Illustration des Landemoduls Schiaparelli beim Anflug auf die Marsoberfläche.

Illustration: Esa

So hätte die Schiaparellis Landung Schiaparelli ablaufen sollen. Ob sie tatsächlich glückte, ist noch unklar.

Grafik: ESA/APA

Auf dieses Signal wartete das ExoMars-Team in Darmstadt. Es belegt, dass der Orbiter TGO in der richtigen Umlaufbahn kreist.

Foto: APA/AFP/EUROPEAN SPACE AGENCY

Die Taxifahrer auf dem Vorplatz des Darmstädter Hauptbahnhofs erkennen einen gleich. "Sind Sie auch wegen der Marslandung hier? Dann gehen Sie am besten einfach zu Fuß, das Kontrollzentrum ist gleich um die Ecke", seufzt einer. Diese Szene dürfte sich in den vergangenen Tagen häufig abgespielt haben, gemessen an den Scharen internationaler Journalisten, die derzeit in der Stadt sind.

Dementsprechend erkennt man das Raumflugkontrollzentrum (Esoc) der Europäischen Weltraumbehörde (Esa) von weitem an den Übertragungswagen diverser Radio- und TV-Sender. Hat man es durch die Sicherheitskontrollen geschafft, steht man mitten im hektischen Geschehen. Das Esoc ist dieser Tage wieder einmal das irdische Zentrum einer spektakulären Raumfahrtmission.

Ausbleibendes Signal

Von hier aus wird die Mission ExoMars (Exobiology on Mars) gesteuert, die am Mittwoch ihren vorläufigen Höhepunkt erreichte – und Beteiligte wie Beobachter mit gemischten Gefühlen hinterließ. Fest steht: Am späten Nachmittag landete der Testroboter Schiaparelli auf der Marsoberfläche. Zeitgleich wurde ein zweites Manöver durchgeführt: Die Raumsonde Trace Gas Orbiter (TGO) wurde in eine elliptische Umlaufbahn um den Mars gebracht, um den Roboter zu überfliegen und Kontakt herzustellen.

Gegen halb sieben Uhr abends zeigten erste Daten, dass sich die Sonde tatsächlich im richtigen Marsorbit befindet. Vom Lander gab es hingegen noch kein erlösendes Signal, das beweist, dass er die Landung überlebt hat. Zwar gibt es Daten, die vom Öffnen des Fallschirms und dem Abwerfen des Hitzeschilds stammen. Für Paolo Ferri, Flugleiter der Esa, ist das Ausbleiben weiterer Signale aber kein gutes Zeichen. Nun müsse man aber noch die Nacht abwarten und weitere Daten analysieren. Esa-Generaldirektor Johann-Dietrich Wörner schloss mit den Worten: "Wir haben noch Hoffnung, drücken Sie uns die Daumen!"

Autonome Manöver

Operativ eingreifen hätte man am Mittwoch zu keinem Zeitpunkt mehr können, alle Manöver wurden autonom ausgeführt. Das bedurfte jahrelanger Planungsarbeit. "Wir haben diesen großen Kontrollraum, den kennt man aus dem Fernsehen. Aber im Keller haben wir die Folterkammer", sagt Rolf Densing zum STANDARD. Er ist seit Anfang 2016 Direktor des Esa-Missionsbetriebs und Leiter des Kontrollzentrums. Mit Folterkammer meint Densing die Räume, in denen die Kontrollteams im Schichtbetrieb alle erdenklichen Szenarien wieder und wieder durchgehen.

Dabei werden dauerend Fehler eingespielt, für die es Lösungen zu finden gilt. Das Ergebnis sind jene Kommandos, die rechtzeitig vor den jeweiligen Manövern ins All geschickt werden. Ab dann ist es für Änderungen zu spät. So verlief auch Schiaparellis Landung automatisiert, die Sequenz wurde schon am Dienstag hochgeladen. Doch was passiert dann eigentlich noch im Kontrollraum? "Wir verfolgen natürlich alles genau mit, über unsere Bodenstationen und mit den Relais-Orbitern", sagt Densing.

Warten auf Klarheit

Denn jede noch so kleine Information über den Ablauf ist von größtem Wert. Densing: "Ist die Mission verloren, wenn der Lander auf dem Mars zerschellt? Natürlich ist das nicht Sinn der Sache, aber wenn er zerschellt und wir wissen, warum, dann würde ich sagen: Das war nicht schlecht, dann haben wir sehr viel gelernt."

Sollte der Lander aber doch heil geblieben sein und funktionieren, müsste es bald ein paar Messdaten und Bilder geben. Ob damit zu rechnen ist, sollte auf der nächsten Pressekonferenz am Donnerstagvormittag berichtet werden.

Wichtiger Erfolg

Doch bei aller Enttäuschung sollte die Mission ExoMars auch dann als Erfolg gewertet werden, wenn die letzte Stufe des Landemanövers nicht geklappt hat. Schiaparelli ist ein Versuchsmodul, um die schwierige Landung am Mars zu erproben. Ein Scheitern mit diesem Roboter ist weit weniger schlimm als es 2020 wäre, wenn ein unvergleichbar wertvollerer Rover auf dem Mars landen soll. Schiaparellis Landedaten könnten zudem wichtige Informationen über die Fehlerursachen beinhalten.

Vor allem aber wird die Sonde TGO in den nächsten Jahren umfangreiche wissenschaftliche Forschung betreiben, und der Esa steht nun neben Mars Express ein zweiter Marsorbiter zur Verfügung. Und das ist schon ein guter Grund zum Feiern. (David Rennert aus Darmstadt, 20.10.2016)