Irakische Streitkräfte im Einsatz bei der Rückeroberung von Mossul.

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Mosul – Die irakischen Streitkräfte und ihre Verbündeten kommen bei ihrem Kampf gegen den IS im Großraum Mossul nach Angaben der Regierung schneller voran als erwartet. Eliteeinheiten und kurdische Kämpfer starteten am Donnerstag eine weitere Offensive, um mehrere Dörfer nördlich und östlich der Millionenstadt einzunehmen. Dabei wurden auch Artillerie und Hubschrauber eingesetzt.

Der "Islamische Staat" hatte die Region vor gut zwei Jahren überrannt und in Mossul ein Kalifat ausgerufen. Bei der geplanten Rückeroberung wird die Armee auch durch Luftangriffe der von den USA angeführten Anti-IS-Koalition unterstützt. An der Seite der irakischen Armee kämpfen kurdische Peschmerga-Einheiten und schiitische Milizen. Erwartet werden die heftigsten Kämpfe seit dem US-Einmarsch im Irak im Jahr 2003.

"Die Einheiten rücken schneller auf die Stadt vor, als wir dachten und geplant hatten", sagte Ministerpräsident Haidar al-Abadi am Donnerstag auf einer internationalen Irak-Konferenz in Paris, zu der er zugeschaltet war. Zugleich bemühte er sich, internationale Sorgen vor Racheakten zu zerstreuen. Menschenrechtsverletzungen würden nicht akzeptiert, sagte der schiitische Politiker.

Östlich von Mosul vertrieben die Regierungstruppen den IS aus der Stadt Bartalla. Zugleich griffen kurdische Kämpfer vom IS gehaltene Dörfer nördlich der Großstadt an.

US-Soldat getötet

Ein US-Soldat ist im Nordirak einem Sprengstoffanschlag zum Opfer gefallen. Das teilte das US-Verteidigungsministerium am Donnerstag in Washington mit. Das Pentagon machte keine näheren Angaben zu dem Tod des Soldaten. Es gab zunächst auch keine Stellungnahme zu der Frage, ob der Vorfall in Verbindung mit der irakischen Offensive auf die Großstadt Mossul gestanden hat.

Vielzahl ethnischer und religiöser Gruppen

Bereits nach der US-Invasion stand das Land kurz vor einem Bürgerkrieg zwischen Schiiten und Sunniten. In der Provinz Ninive, in der Mossul liegt, gibt es zwar eine sunnitische Mehrheit, aber auch eine Vielzahl weiterer ethnischer und religiöser Gruppen. Abadi betonte, erstmals seit 25 Jahren seien irakische Truppen im Norden des Kurdengebiets im Einsatz, um gemeinsam zu kämpfen. "Unser Krieg heute in Mossul ist ein irakischer Krieg – geführt von Irakern für Iraker, um irakisches Gebiet zu verteidigen."

Antiterroreinheit in Einsatz

Zum Einsatz kamen am Donnerstag auch von den USA ausgebildete Anti-Terror-Einheiten. Sie rückten mit dutzenden schweren Geländewagen auf die Ortschaft Bartella vor, die bis zur Invasion des IS von Christen bewohnt war. Ein Sprecher der Eliteeinheit sagte, die Jihadisten leisteten mit Autobomben, Sprengsätzen an Straßen und Scharfschützen Widerstand. Außerdem setzten sie Artillerie ein.

Irakische Sicherheitskräfte rückten in einer großangelegten Operation aus drei Richtungen auf die Stadt vor und hätten mehrere Dörfer eingenommen, hieß es am Donnerstag von der irakischen Armee und Peschmerga-Kämpfern. Das Oberkommando der Peschmerga in Erbil erklärte als Ziel, strategisch wichtiges Gebiet unter Kontrolle zu bringen und die Bewegungsfreiheit des IS einzuschränken. Experten zufolge könnten hunderttausende Zivilisten vor den Kämpfen flüchten.

Derzeit hindern IS-Milizen die Bevölkerung von Mossul daran, die Stadt zu verlassen – als "Teil ihrer Strategie, sie als menschliche Schutzschilde einzusetzen", berichtete die Nahost-Referentin des Hilfswerks Misereor, Astrid Meyer, am Donnerstag der deutschen katholischen Nachrichtenagentur KNA. Zwar hätten sich die IS-Milizen fast kampflos von den Ortschaften im Einzugsgebiet von Mossul zurückgezogen, doch seien zivile Opfer durch vermehrte Selbstmordanschläge zu beklagen. Zudem gebe es Berichte, dass der IS Regierungsgebäude gesprengt und die Brücken über den Tigris vermint hat, um das Vordringen der Militärallianz zu verhindern.

Treffen hochrangiger Diplomaten in Paris

In Paris berieten unterdessen Außenminister und andere hochrangige Diplomaten von westlichen Staaten und Ländern der Region darüber, wie Mossul nach einer Rückeroberung verwaltet und Zivilisten geschützt werden können. Der französische Präsident François Hollande forderte bei der Konferenzeröffnung, bereits mit den Planungen für eine Offensive auf die IS-Hochburg Raqqa im benachbarten Syrien zu beginnen. Dorthin seien bereits Extremisten aus Mossul geflohen. Man dürfe nicht zulassen, dass sie verschwinden und von anderen Orten aus Angriffe starteten.

Zu dem Außenministertreffen von rund 20 Ländern haben Frankreich und der Irak eingeladen. Sie wollen eine Strategie für die zweitgrößte irakische Stadt entwickeln, die der IS seit dem Sommer 2014 besetzt hält. An dem Treffen beteiligen sich die USA, die Türkei, die Golfstaaten und eine Reihe von EU-Ländern. Auch der Iran nimmt teil. Deutschland will im kommenden Monat eine Folgekonferenz zur Zukunft Mossuls veranstalten, hieß es am Donnerstag aus der deutschen Delegation. (APA, 20.10.2016)