Florenz – Sollen Fußballspieler ihre Ehefrauen mit an den Austragungsort eines Turniers mitnehmen? Dürfen sie dann auch Sex – womöglich sogar in der Nacht vor einem entscheidenden Spiel – haben oder sollten sie besser abstinent bleiben? In der Frage, die im Verlauf der Jahrzehnte mehr als einmal für amüsierte Schlagzeilen gesorgt hat, gehen die Trainerphilosophien bis heute weit auseinander.

Ein recht eindeutige Position nehmen inzwischen Wissenschafter um die Sportmedizinerin Laura Stefani von der Universität Florenz ein. Sie gingen für ihre Metastudie hunderte themenbezogene Untersuchungen durch – und kamen zum Befund, dass es nirgendwo Daten gibt, die zuverlässig belegen würden, dass sich Sex negativ auf die sportliche Leistungsfähigkeit auswirkt. Laut Stefani weisen die Daten sogar darauf hin, dass er eine positive Auswirkung hat. Zumindest wenn er nicht unmittelbar – innerhalb von zwei Stunden – vor einem Wettkampf stattfindet.

Da geht noch mehr

Die Forscher betonen aber auch das Wort "zuverlässig". Ein wichtiger Befund ihrer Metastudie sei es nämlich auch gewesen, dass das Thema erstaunlich wenig beforscht ist. Obige Zahl klingt zwar groß, doch handelt es sich in vielen Fällen um anekdotische Evidenz, nicht um repräsentative Studien. Für seine Auswertung zog das Team daher letztlich nur neun Studien heran, die wissenschaftlichen Kriterien am besten entsprachen.

Insgesamt zeigte sich Stefani von der Datenlage enttäuscht – es gebe einfach noch viel zu viele offene Fragen. So würden in den bisherigen Studien Frauen deutlich weniger beachtet als Männer. Auch die je nach Sportart unterschiedlichen physiologischen wie auch psychologischen Anforderungen seien nicht berücksichtigt worden: Hier gebe es noch viel zu erforschen.

Das Fachjournal "Frontiers", in dem Stefanis Studie erschienen ist, wies indessen darauf hin, dass Abstinenzbefürworter keineswegs überall im Sport den Ton angeben: So seien im Vorfeld der Olympischen Spiele von Rio 450.000 Kondome im Olympischen Dorf verteilt worden. (jdo, 22. 10. 2016)