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Donald Trump (Mitte vorne) umgeben von (von links nach rechts): Sohn Eric Trump, dessen Frau Lara Yunaska, Tochter Tiffany Trump, Donald Trumps Ehefrau Melania Trump, Schwiegersohn Jared Kushner, (davor) Tochter Ivanka Trump, (daneben) Tochter Vanessa Trump, und Sohn Donald Trump Jr.

Foto: APA/AFP/GETTY IMAGES/CHIP SOMODE

Es dauert ziemlich genau eine Stunde, bis Donald Trump die Brücken sprengt, die ihm der Moderator baut. Ob er sich ein Beispiel an seinem Vize Mike Pence und seiner Tochter Ivanka nehmen und sich dazu bekennen wolle, dass er das Wahlergebnis ohne Einschränkungen akzeptiere, fragt Chris Wallace, der wohl seriöseste Journalist des oft prägnant parteiischen konservativen Senders Fox News. "Ich werde es mir anschauen, wenn es so weit ist", erwidert Trump.

Was er bisher gesehen habe, sei schlimm, poltert er. Insbesondere die Medien seien derart unaufrichtig, derart korrupt, sie hätten die Hirne der Wähler vergiftet. "Aber Sir", hakt Wallace nach, "zu den Dingen, auf die dieses Land stolz ist, gehört die friedliche Übergabe der Macht." Egal wie hart es im Wahlkampf zur Sache gehe, am Ende gratuliere der Verlierer dem Sieger. Ob Trump etwa sagen wolle, dass er sich diesem Prinzip nicht verpflichtet fühle. "Ich sage es Ihnen, wenn es so weit ist", wiederholt er. "Ich lasse es in der Schwebe für euch", fügt er hinzu, als säße er im Studio seiner Reality-Show "The Apprentice" und wollte vor der nächsten Folge die Spannung anheizen. "Das ist entsetzlich", schiebt Hillary Clinton ein, wohl schon ahnend, dass auch das dritte und letzte TV-Duell mit ihrem Opponenten für sie gut gelaufen ist, obwohl der sich anfangs besser geschlagen hatte als in den beiden vorangegangenen Runden – ruhiger, sachlicher, weniger reizbar, bis er schließlich doch aus der Haut fuhr.

Komplott-Theorien

Kurz darauf sieht man, wie Pence, der stramm konservative Gouverneur Indianas, mit versteinerter Miene aus dem Saal läuft. Dass Trump vor großem Publikum die Komplott-Theorien aufwärmen würde, die er vor seinen Fans auf Wahlkampfbühnen streut, damit hatten die wenigsten gerechnet. Wieder spricht der Geschäftsmann, ohne jeden Beleg, von "Millionen von Leuten", deren Namen in den Wahlregistern stünden, obwohl sie dort nichts zu suchen hätten.

Gemeint sind offenbar illegale Einwanderer, von denen er behauptet, dass sie das Votum zugunsten seiner Rivalin drehen. Neulich forderte er seine Anhänger auf, sich am 8. November vor die Wahllokale zu stellen und darauf zu achten, dass niemand betrüge – etwa in Philadelphia, einer Großstadt mit afroamerikanischer Bevölkerungsmehrheit. Als er am Mittwochabend in Las Vegas in der Aula der Universität von Nevada hinterm Pult steht, legt er nach, statt die Steilvorlage des Moderators zu nutzen und einen Rückzieher zu machen.

Erinnerungen an Florida im Jahr 2000

Viele erinnern an das Lochkartendrama des Jahres 2000, nur um zu deutlich zu machen, was die damaligen Rivalen, bei aller Härte der Auseinandersetzung, von einem Donald Trump trennt.

Das Rennen zwischen Al Gore und George W. Bush war so knapp, dass Florida zum Zünglein an der Waage wurde. Es ging um 387 Stimmen, mit denen Bush dort vor Gore führte. Als Zweifel aufkamen, ob die Lochkarten korrekt gestanzt wurden und tatsächlich den Wählerwillen widerspiegelten, übernahmen Anwälte beider Seiten das Zepter. 37 Tage dauerte das juristische Seilziehen nach dem unentschiedenen Votum, bis der Oberste Gerichtshof mit fünf zu vier Stimmen urteilte, dass Bush gewonnen hatte.

Worauf Gore in einer launigen Rede bemerkte, er habe versprochen, die Gratulation für den Sieger diesmal nicht, wie in der Wahlnacht, zu widerrufen. Dass der Unterlegene in bitterer Stunde zu Humor fähig war – bis heute gilt es nicht nur als Sternstunde der Demokratie, sondern auch als Handlungsanleitung für ähnliche Fälle.

Ergebnis akzeptieren, weil wir gewinnen

Und nun das Kontrastprogramm Trumps. Es ist der Moment, der alles in den Schatten stellt, worüber sonst noch diskutiert wurde. Der, so orakeln deprimierte Republikaner, ihren Kandidaten endgültig um alle Siegchancen gebracht haben dürfte. Trump hätte sich auch in einen Sarg legen, einen Hammer zur Hand nehmen und die Nägel einschlagen können, es wäre aufs Gleiche hinausgelaufen, meint Nicolle Wallace, einst Kommunikationschefin des Präsidenten George W. Bush.

Einer seiner Vorwahl-Konkurrenten, der Südstaatensenator Lindsey Graham, kanzelte ihn noch in der Nacht mit einer Twitterzeile ab: "Wie die meisten Amerikaner habe ich Vertrauen in unsere Demokratie". Kellyanne Conway, die Kampagnenmanagerin des Milliardärs, bemüht sich auf ihre Weise um Schadensbegrenzung. Donald Trump, sagt sie, werde das Wahlergebnis akzeptieren, weil er die Wahl für sich entscheiden werde. (Frank Herrmann aus Washington, 20.10.2016)