Pro: Falsche Zeit, falscher Ort

von Sebastian Fellner

Reden soll man mit allen. Egal wie groß die weltanschauliche Entfernung zum Gegenüber auch ausfallen mag: Der Dialog schadet nie. Dennoch war es richtig, dass drei seriöse Gäste von "Talk im Hangar-7" ihre Auftritte angesichts der Teilnahme eines Rechtsextremisten an der Talkshow abgesagt haben.

Denn es gibt den richtigen Ort und die richtige Zeit, um mit Extremisten aller Art zu diskutieren. Es wäre sogar hochnotwendig, sich mit diesem wachsenden Problem – und den daran Beteiligten – auseinanderzusetzen.

Die Diskussion, die Servus TV für den Donnerstagabend ankündigte, sollte jene Studie behandeln, die einem großen Teil der Muslime in der Wiener Jugendarbeit attestiert, dass sie Gefahr laufen, sich zu radikalisieren. Auch für die Diskussion darüber gibt es einen richtigen Platz, einen richtigen Ort – und Teilnehmer, die zu einer fruchtbaren Debatte beitragen können: Gäste wie der Studienautor Kenan Güngör, der Jugendforscher Winfried Moser und der islamische Religionslehrer Ramazan Demir.

Ihre berufliche Expertise qualifiziert sie – und seit Donnerstag tut das auch ihr Gespür dafür, wann eine sinnvolle Diskussion nicht möglich ist. Nämlich dann, wenn in der Runde ein weit rechts stehender Zündler sitzt, der kein Interesse an der Lösung der offensichtlich bestehenden Probleme hat. Güngör, Moser und Demir wollten nicht Teil einer vergifteten Debatte sein. Das zeichnet sie aus. (Sebastian Fellner, 20.10.2016)

Kontra: Vom Rand ins Zentrum

von Andreas Schnauder

Schade eigentlich. Wenn Rechte im quasiintellektuellen Gewand, gut vernetzt über Social Media und verbal auf Distanz zu jeglicher Gewaltbereitschaft zusehends Anhänger finden, wäre das ausreichend Grund, sich mit dem Phänomen gründlich zu befassen. Michael Fleischhacker wagte den Versuch und lud die Führungsfigur der Identitären in Österreich, Martin Sellner, zum "Talk im Hangar-7" ein. Darauf hagelte es Absagen. Oben genannte Experten wollen sich nicht mit dem selbsternannten Verhinderer des "drohenden Bevölkerungsaustauschs" einlassen.

Schade eigentlich, oder vielmehr: traurig. Denn das beste Mittel gegen die krausen Thesen der mit dem Flüchtlingsstrom groß gewordenen Bewegungen ist der offene Diskurs. Am Ende könnten dabei alle etwas lernen. Dass islamistische Tendenzen in Kindergärten und Analphabetismus in Volksschulen tatsächlich ernstzunehmende Probleme sind, beispielsweise. Aber auch, dass die verbreitete Xenophobie den Grundstein für Rassismus legt – auch wenn sich diverse Rechtsgruppierungen noch so sehr davon distanzieren mögen.

Dass sich nun zahlreiche Intellektuelle über die Einladungspolitik von Servus TV mokieren, lässt tief blicken. Mit Ausgrenzung drängen sie den rechten Rand nachhaltig ins Zentrum der sozialen Netzwerke, wo er unkontrolliert und unwidersprochen die Meinung macht. (Andreas Schnauder, 20.10.2016)