Die Beratung von Kunden müssen Banker künftig ausführlicher und regelmäßiger gestalten. Zudem steigt die Dokumentationspflicht noch einmal an.

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Wien – Auf die Finanzberater kommen Anfang 2018 neue Spielregeln zu. Ziel der reformierten EU-Gesetzgebung (Mifid II): Mehr Transparenz für Kunden, sowohl was die Kosten von Anlageberatung und verkauftem Produkt als auch was etwaige Interessenkonflikte von Beratern angeht.

So muss dann offengelegt werden, wenn ein Berater von Anbietern wie Fondsemittenten Geld dafür bekommt, um deren Produkte zu vertreiben. Diese Abschluss- oder Bestandsprovisionen müssen dann so ausgeschildert werden, dass der Kunde auf einen Blick beurteilen kann, um wie viel die erwartete Rendite am Ende tatsächlich geschmälert wird. In Zukunft soll etwa bei Fonds die Beratungsleistung nicht mehr pauschal in einen Ausgabeaufschlag eingepreist, sondern beispielsweise stundenweise abgerechnet werden. Möglich ist auch ein Prozentsatz auf das eingesetzte Kapital oder den Vermögenszuwachs.

Frage der Abhängigkeit

Hier kommt die erstmals eingeführte Kategorisierung in abhängige und unabhängige Finanzberater ins Spiel: Unabhängige Berater dürfen bis auf einige Ausnahmefälle keine Provisionen mehr annehmen. Bei der abhängigen Beratung sind Provisionen hingegen nach wie vor gestattet. Allerdings müssen die Kunden darüber in Kenntnis gesetzt werden. Um als abhängige Beratung eingestuft zu werden, muss man aber einen bestimmten Mehrwert leisten.

Die Vor- und Nachteile der neuen Regulierung wurden bei einer Podiumsdiskussion im Rahmen der Aufsichtskonferenz der Finanzmarktaufsicht (FMA) diskutiert. Hannes Dolzer, Fachverbandsobmann der Finanzdienstleister in der Wirtschaftskammer, äußerte Bedenken der Branche, kleine und mittelständische Finanzdienstleister könnten unter die Räder kommen. Denn die EU-Vorgaben seien schließlich auf größere Unternehmen ausgerichtet. Kleinere würden unter den Umsetzungskosten verhältnismäßig stärker leiden, etwa bei der Aufrüstung der EDV.

Jährliche Beratung

Auch muss nach dem Verkauf eines Produkts bis zum Auslaufen der Veranlagung jährlich beraten werden, und es muss geprüft werden, ob das Produkt nach wie vor zur Risikoverträglichkeit des Kunden passt. Für Berater heißt das auch, dass erhöhte Aufzeichnungspflichten und damit verbundener Aufwand auf sie zukommen.

Dass Anleger von alldem profitieren, ist für Dolzer nicht ausgemacht. Es bestehe das Risiko, dass Berater weniger Produkte anbieten, weil sie das Risiko für eine breite Produktpalette nicht mehr eingehen können. Anders sieht das Gabriele Zgubic-Engleder, Konsumentenschützerin der AK Wien. Sie glaubt nicht, dass es weniger Produkte geben wird. Die Kriterien, um als abhängiger Berater eingestuft zu werden, seien niederschwellig. Provisionen erhalten könne etwa schon, wer eine größere Produktgruppe anbiete.

Mehr Konsumentenschutz

Die EU-Richtlinie bringe mehr Konsumentenschutz. "Alle Interessenkonflikte werden sich bei der provisionsbasierten Beratung nie ausräumen lassen. Aber die Beratung wird kundenorientierter und fairer." Bis jetzt werde oft der Eindruck vermittelt, die Beratung koste nichts, sagt die AK-Expertin.

Tilman Lüder, Leiter der Direktion Wertpapiermärkte der EU-Kommission und damit eng in die Ausarbeitung der Richtlinie involviert, sieht Finanzberater vor folgendem Dilemma: Kunden verlangen Transparenz darüber, was sie für die Beratung zahlen, wollen aber nicht viel dafür ausgeben. Studien hätten gezeigt, dass 75 Prozent der Befragten nicht mehr als 100 Euro dafür ausgeben wollen. Zgubic erklärt sich das auch mit einem merklichen Verlust des Vertrauens in die Branche seit dem Ausbruch der Finanzkrise. Das zeige sich auch am geringen Interesse von Kleinanlegern, in Anlageprodukte abgesehen von Versicherungen zu investieren. "Dass die Kunden in irgendeiner Form für die Beratung zahlen, war den meisten bewusst, aber es war nie transparent." (Simon Moser, 22.10.2016)