Gute Vorbereitung ist mehr als die halbe Miete. Man sollte wissen: Wie steht das Unternehmen da? Herrscht eigentlich Aufnahmestopp? Steht Wachstum an? Internationalisierung?

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Anna Riessland (Accenture), Michael Moschen (BDO), Esther Brandner-Richter (EY), Christian Derler (Unicredit Bank Austria), Christian Dorfinger (Erste Group): das Gesamtpaket erfragen, nicht nur die Kohle. Karin Bauer hat moderiert.

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Für den Einstieg haben die meisten Unternehmen Gehaltsbandbreiten je nach Position und im Gepäck mitgebrachter Ausbildung/Erfahrung fix festgelegt. Zwischen Fachhochschul- und Uniabsolventen sind die Unterschiede, wenn es nicht bestimmte spezifische Fachrichtungen betrifft, kaum vorhanden.

Bange Fragen nach dem Wert der eigenen Arbeitskraft gehören rund um den Einstieg allerdings oft dazu. Da wollte ein Expertengespräch im Rahmen der Karrieremesse Career Calling (WU, TU Wien und Boku) helfen. Gute Vorbereitung, so die zentrale Botschaft, ist auch da mehr als die halbe Miete. Man sollte wissen: Wie steht das Unternehmen da? Herrscht eigentlich Aufnahmestopp? Steht Wachstum an? Internationalisierung?

Christian Dorfinger, Head of Recruiting bei der Erste Group: "Gerade am Anfang herrscht oft Unsicherheit – was bin ich dem Unternehmen wert? Es hilft, sich vorab einmal schlauzumachen – Leute fragen, googeln, auf Glassdoor schauen."

Wann kann man verhandeln?

Und wenn das Erstaunen über rund 2500 Euro brutto im Monat als Einstiegsgage sehr groß ist – kann man, wenn die Qualifikationen das Verlangte übertreffen, gleich mehr ausverhandeln? Dorfinger: "Ja, kann man probieren, es sieht aber besser aus, wenn man sich zuerst einmal beweist und dann zu verhandeln beginnt." Christian Derler, Head of Strategic HR Management bei der Unicredit Bank Austria: "Der Verhandlungsspielraum im ersten Go ist nahezu null – wir sind in den verschiedenen Positionen schon auf guten Niveaus, nach einigen Monaten kann man aber natürlich reden." Und zwar zuerst mit dem unmittelbaren Vorgesetzten.

Esther Brandner-Richter, Head of Human Resources bei den Wirtschaftsprüfern EY Österreich: "Wir haben nicht das eine Einstiegsgehalt – je nach Position in unserem Dienstleistungsportfolio differenzieren wir, es kommt darauf an, wo man startet. Spielraum? Wir schauen genau, welche Erfahrungen die Leute gemacht haben, das wird honoriert."

Kommt schweigende Akzeptanz der angebotenen Gage gut an, oder soll man gleich nachfragen? Brandner-Richter: "Nachfragen ist legitim, man soll schon fragen und darüber reden, wie die Weiterentwicklung stattfinden kann – da geht es nicht nur um mehr Geld, sondern auch um die Möglichkeiten der Förderungen, der Karriereunterstützungen, das sind Fragen der Investition in Junge." Dem schließt sich Branchenkollege Michael Moschen, Head of Human Resources bei der BDO, an – Entwicklungsperspektiven seien der Gesprächsrahmen. Das solle bedacht werden, wenn die Traumgage nicht sofort auf dem Konto ist.

Was bietet die Firma sonst noch?

Im ersten Gespräch gleich hauptsächlich über Geld zu reden kommt nicht gut an, da sollte man zuerst inhaltliche Themen abgleichen, sagen alle Unternehmensvertreter. Dorfinger: "Die Jungen sind heute schon so professionell, dass es den Fehler, als erste Frage zu sagen: 'Na, was verdiene ich?', kaum mehr gibt."

Gerade Frauen, erinnert Anna Riessland, Recruiting Lead bei Accenture Österreich, seien eher zurückhaltend, wenn es ums Geldverhandeln geht – auch ein Grund für fixe Einstiegsgehälter. Gehaltliche Vorrückungen sind bei Accenture einem klaren Performance-Management-Prozess unterworfen. Leistungsorientierte monetäre Vorrückungen sind bei allen auf dem Podium Usus.

Gemeinsam Kriterien für höhere Entlohnung auszuhandeln wird auch als Möglichkeit ins Spiel gebracht.

"Am Ende ist aber immer das Gesamtpaket ausschlaggebend", bleibt Anna Riessland dabei – von Altersvorsorge über Zusatzversicherung bis zu Möglichkeiten von Sabbaticals. Das seien Benefits, um die es beim Thema Arbeitszufriedenheit gehe. Zu "Mut nachzufragen" rät sie – kreative Wünsche nicht automatisch ausgeschlossen. Dass laut Christian Dorfinger – er kommt direkt vom Erste Campus auf das Podium der Messe – auch die Arbeitsumgebung mitzudenken sei, soll auch Erwähnung finden.

Moschen: "Dazu ist es ja auch wichtig, was die Firma sonst noch bietet: Sportmöglichkeiten, Events, Engagement in den verschiedenen Bereichen." Riessland: Wohl sei mehr Geld oft Trigger für einen Wechsel, aber nur das Einkommen für eine Entscheidung für einen Arbeitgeber heranzuziehen werde nicht nachhaltig glücklich machen. (kbau, 26.10.2016)