Elisabeth von Samsonow blickt in der Galerie Jünger zurück, unter anderem auf das Selbstporträt "A Young Woman" (1986).


Foto: Galerie Jünger

Es gibt nicht viele Philosophinnen (oder Philosophen), die neben Theorie auch Kunst produzieren. Elisabeth von Samsonow, Professorin für Philosophie an der Wiener Akademie der bildenden Künste, ist eine von ihnen. In ihrem so überbordenden wie kuriosen und unangepassten OEuvre verknüpft sie Praxis und Theorie, Spirituelles mit Fragen von Transkulturalität, Psychoanalyse mit Ökologie.

Einen grundlegenden Aspekt ihres Denkens bildet das Thema Gender, dies zeigt sich auch in der Ausstellung Protuberanz in der Galerie Jünger. Anlässlich ihres 60. Geburtstags werden großformatige Gouachen gezeigt, die von Samsonow als 30-Jährige malte. Es handelt sich vor allem um (Selbst-)Porträts, die aufgrund von Ornamentik und Farbgebung folkloristisch anmuten. A Young Woman heißt ein Selbstporträt von 1986, auf dem die Künstlerin an eine Figur zwischen Harlekin und Till Eulenspiegel erinnert.

Auf der Suche nach möglichen "weiblichen Existenzformen" hat sie in ihren Bilderkreis außerdem Jeanne d'Arc aufgenommen sowie eine Mariendarstellung, die bei ihr Madonna von den Pinseln heißt. Dem Titel entsprechend hält diese nicht das Kind in den Armen, sondern ein riesiges Herz, in dem mehrere Pinsel stecken. Max Beckmann, Lovis Corinth oder Frida Kahlo waren die großen Vorbilder der jungen Malerin, in deren Bildern unübersehbar viel Leidenschaft steckt.

Surreal, aber heilig, ernst gemeint und zugleich kitschig wirken auch die Engel in ihrer "Ahnengalerie". Auch sie entstanden in den 1980er-Jahren und nehmen die Auseinandersetzung der studierten Theologin, Philosophin und Germanistin mit dem Spirituellen vorweg. Die Assoziation zu indischen Gottheiten liegt aufgrund der Farben und Formen nicht fern. Kaum überraschend also, dass man in der Schau dann auch ein Mandala entdeckt – vermeintlich. Tatsächlich handelt es sich um einen gewöhnlichen Kanaldeckel, den die Künstlerin mittels Frottage auf Papier übertrug.

Der zart besaitete Raum

Dass sich Elisabeth von Samsonow für die den Dingen eignenden Ambivalenzen interessiert, führte sie auch zur Beschäftigung mit der Skulptur. In der Schau sind einige ihrer geschnitzten Klangkörper zu sehen, die zuletzt in ihrer Personale in der Kremser Dominikanerkirche ausgestellt waren. Auf den weiß ausgekachelten Wiener Ausstellungsraum reagierte sie zudem mit einer Reihe spezifischer Interventionen: Nicht nur installierte sie einen Lichtbaum, sie platzierte außerdem blaue Trichter, die fließende Energieströme visualisieren sollen.

Berührungsängste gibt es hier weder hin zur Konzeptkunst noch zur Esoterik. Auf beide Disziplinen – und die mit ihnen zusammenhängenden existenziellen Fragen – verweisen dabei experimentelle Klänge, die den Raum durchwehen. Sie rühren von Instrumentensaiten her, die von Samsonow an ihren Objekten, aber auch an den Wänden des Galerieraums aufspannte: Sie habe den Raum "zart besaitet", sagt die Künstlerin. (Christa Benzer, Album, 26.10.2016)