Gast bei der Frankfurter Buchmesse: Bruce Springsteen.

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"Wenn 200 Menschen in einer Lesung sitzen, wissen 199, warum sie da sind. Der eine, der mit null Checkung im Wachkoma auf dem Schlauch steht, berichtet anschließend in der Presse darüber", schreibt der 2015 verstorbene Autor, Übersetzer und Kompetenztrinker Harry Rowohlt in einem seiner Briefe, die – posthum gesammelt – in Buchform unter dem Titel Und tschüs beim Kein-&-Aber-Verlag in Halle 4 im Regal stehen.

Zu den hunderten Lesungen, bei denen die Presse an der Buchmesse ihre Inkompetenz unter Beweis stellen kann, kam am Mittwoch eine weitere hinzu. Denn Springsteen war da, um seine Autobiografie Born to Run zu promoten. Aus diesem Anlass lotste man einen Pulk von Medienvertretern an einen Ort, den man nicht nennen soll. Nur so viel, um einen Sozialbau handelte es sich nicht.

Dass der Boss so schreibt, wie er Musik macht, nämlich mit höchstem Einsatz, wurde klar, als er die Lesebrille zückte, um aus dem Buch vorzutragen. Es handelt von Herkunft, hartnäckig verfolgten Träumen, Erfolgen, Rückschlägen und Seelenqualen, denen es sich zu stellen gilt. "Meine Depression sprudelt wie Öl aus einem lecken Tanker direkt in den wunderschönen türkisblauen Golf meiner sorgfältig geplanten Existenz", heißt es an einer Stelle. Viel mehr zu derlei, Trump gehört für ihn zu diesem Thema, wollte Springsteen nicht sagen, merkte aber lächelnd an, dass er seit 30 Jahren in Behandlung sei – und einen Therapeuten schon überlebt habe.

Was Freund Bob Dylan wohl über seinen Nobelpreis denke, fragte einer. Der Boss: "I'm sure he's happy about it." Glücklich ist, wie sie sagt, auch Carolin Emcke. Mit der sonntäglichen Verleihung des Friedenspreises des Deutschen Buchhandels an die Publizistin geht die Buchmesse ihrem nächsten Höhepunkt entgegen. (Stefan Gmünder, 21.10.2016)