Vizebürgermeisterin Maria Vassilakou (mitte) hält vom Vorstoß von Soziallandesrätin Sonja Wehsely (links) nicht viel.

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Wien – Die Wiener Vizebürgermeister Maria Vassilakou ist verärgert. Die Chefin der Wiener Grünen fordert vom Koalitionspartner SPÖ gemeinsame Verhandlungen zur Mindestsicherung. "Alleingänge sind kontraproduktiv", sagt Vassilakou im Gespräch mit dem STANDARD.

Grund für den Ärger ist ein Vorstoß von Sozialstadträtin Sonja Wehsely (SPÖ). Die Stadträtin prüft demnach eine Mindestaufenthaltsdauer in Wien als Voraussetzung für einen Antrag auf Mindestsicherung. Das Recht auf Mindestsicherung soll demzufolge nur für jene gelten, die auch in Wien ihren Asylantrag gestellt haben, alle anderen sollen warten müssen. Wer also in Linz das Recht auf Asyl zugesprochen bekommen hat und dann nach Wien zieht, soll nicht sofort Mindestsicherung beantragen können. Wie lange diese Wartefrist dauern soll, hat Wehsely bisher offen gelassen. Die Regelung würde jedenfalls für In- und Ausländer gleichermaßen gelten.

"Diese Schnellschüsse und Alleingänge sind kontraproduktiv", sagt Vassilakou zu diesem Vorschlag. Der Vorstoß sei nicht mit dem Koalitionspartner abgesprochen. Die Vizebürgermeisterin fordert nun von Wehsely Verhandlungen mit den Grünen. "Ich gehe davon aus, dass wir gemeinsam und in Ruhe eine Lösung finden werden."

"Jobs um zu jedem Preis"

Die Grünen seien grundsätzlich dagegen, dass Menschen in zwei Kategorien geteilt würden, sagt Vassilakou. Zwar sei auch sie dafür, die Mindestsicherung "auf robuste Beine" zu stellen, "allerdings haben Menschen in Not höchste Priorität". Die Mindestsicherung sei ein wichtiges Auffangnetz. Eine Wartefrist findet Vassilakou deshalb bedenklich, weil die Menschen dann gezwungen seien "Jobs zu jedem Preis anzunehmen, damit sie nicht auf das Sozialsystem angewiesen sind." So würde auch generell der Druck steigen und es bestehe die Gefahr, dass die Löhne im Allgemeinen geringer würden.

Welches Modell ihr vorschwebt, will Vassilakou nicht sagen. "Das werde ich nicht öffentlich ausrichten." Es sei jedenfalls klar, dass Wien einen Plan B brauche, damit die Mindestsicherung finanzierbar bleibe. Wegen steigender Arbeitslosigkeit, niedrigen Pensionen und der größeren Anzahl an Flüchtlingsfamilien würden auch die Kosten steigen. "Wir müssen sicherstellen, dass das System funktioniert."

Mitterlehner fordert Bewegung Wiens

ÖVP-Chef und Vizekanzler Reinhold Mitterlehner forderte in der Sendung "Im Journal zu Gast" auf Ö1 ein Entgegenkommen Wiens. Die Länder Niederösterreich und Oberösterreich könnten einer Einigung nur dann zustimmen, wenn die Mindestsicherung gekürzt werde. Erst dann könne auch die Residenzpflicht für Asylberechtigte beschlossen werden.

Eine andere Meinung als sein Parteikollegen hat der steirische Landeshauptmann Hermann Schützenhöfer (ÖVP). Er sei gegen eine Unterscheidung zwischen Asylberechtigten und anderen Leistungsbeziehern, wie sie in Oberösterreich praktiziert wird, sagte er in der "Kleinen Zeitung". Er wies auch darauf hin, dass ein relativ geringer Teil der Mindestsicherungsbezieher Asylberechtigte seien. Zudem merkte der Landeshauptmann an: "Missbrauch passiert schon hauptsächlich durch Österreicher." (koli, 22.10.2016)