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Bollywooddreharbeiten in Srinagar im indischen Kaschmirgebiet. Der dortige Konflikt setzt pakistanische Schauspieler unter Druck.

Foto: Reuters / Fayaz Kabli

Wenn es um kulturelle Vielfalt und Völkerverständigung geht, gibt es wohl wenige Kollegen, die Surya Prakash etwas vormachen können: Als Obmann des öffentlich-rechtlichen Rundfunks Indiens kümmert sich Prakash – ein besonnener Herr mit getönter Brille und schwarzem Schnauzer – um eine Zielgruppe, die in ihrer religiösen, sprachlichen und sozialen Diversität wohl unerreicht ist. Mit seinem weitverzweigten Netzwerk aus lokalen Sendern sendet "Prasar Bharati" bis in den letzten Winkel des Subkontinents.

Wenn es jedoch um den Nachbarn Pakistan geht, dann werden selbst Surya Prakashs Worte außergewöhnlich direkt: "Wer ein bisschen einfühlsam ist, der weiß: Momentan ist nicht der richtige Zeitpunkt, um Schauspieler und Künstler aus Pakistan zu unterstützen." Während der Hauptnachrichten indische Terroropfer betrauern und nach dem nächsten Werbeblock eine pakistanische Fernsehserie zeigen? "Das ist unmöglich", sagt der Journalist.

Die meisten seiner Landsleute dürften das nach den jüngsten Angriffen ähnlich sehen. Seither steuert der jahrzehntealte Konflikt um die Region Kaschmir auf einen erneuten Tiefpunkt zu. Und längst wird dieser auch auf einem weiteren Schlachtfeld ausgetragen: auf der dort heimischen Unterhaltungsbranche. Wer dieser Tage Mumbai besucht, die Heimat Bollywoods, bekommt den Eindruck eines regelrechten Filmkriegs.

Proteste gegen Pakistaner

Seit Wochen protestieren dort wütende Mobs vor Produktionsfirmen, die pakistanische Angestellte beschäftigen. Die Mumbaier Filmfirma Indian Motion Picture Producers Association hat bereits ein Berufsverbot für pakistanische Schauspieler und Techniker ausgesprochen. Solange die Spannungen sich nicht legen, dürfen diese nicht mehr an Bollywoodfilmen mitwirken. Einige Filmprojekte sollen bereits auf Eis gelegt worden sein. Eine nationalistische Lokalpartei ging sogar noch einen Schritt weiter und forderte pakistanische Schauspieler auf, schnellstmöglich das Land zu verlassen "oder die Konsequenzen zu tragen". Beliebte indische Schauspieler, die sich öffentlich gegen das Berufsverbot äußern, bekommen auf sozialen Netzwerken die Wut der aufgebrachten Internetgemeinde zu spüren.

Von jeher haben sich politische Konflikte immer wieder auch in der Filmwelt widergespiegelt. Man möge nur an die berüchtigten James-Bond-Bösewichte denken, die die Paranoia des Kalten Krieges hervorgebracht hat: blond, blauäugig, ostdeutsch. Auch in heutigen Hollywoodproduktionen sind immer wieder rassistische Stereotype zu sehen – etwa die "gerissenen Chinesen" oder "barbarische Araber". Dass jedoch ganze Volksgruppen von der Filmbranche ausgeschlossen werden sollen, erinnert entfernt an die Situation jüdischer Schauspieler zur NS-Zeit.

Enttäuscht über pakistanische Schauspieler

"Das Mindeste, das wir uns erwartet hätten, ist, dass die pakistanischen Schauspieler ihre Stimmen gegen die Terrorangriffe erheben würden", sagt Vijay Chauthaiwale von der hindunationalistischen Regierungspartei BJP. Ein generelles Berufsverbot fordert er zwar nicht, doch enttäuscht sei er über die pakistanischen Schauspieler, von denen sich viele nicht deutlich von den jüngsten Angriffen abgrenzen würden. "Mir ist klar, dass sie Angst vor den Konsequenzen ihrer Regierung befürchten", sagt der Politiker.

Auch jenseits der Grenze bleibt der indisch-pakistanische Filmkrieg nicht ohne Konsequenzen: Trotz der zu erwartenden finanziellen Verluste haben große Kinoketten in Islamabad und Lahore aus Solidarität die in Pakistan beliebten Bollywoodfilme aus ihrem Programm genommen. (Fabian Kretschmer aus Neu-Delhi, 24.10.2016)