Spanien bekommt eine Regierung und verliert eine Oppositionspartei. Die Sozialisten (PSOE) werden dem konservativen Premier Mariano Rajoy durch Stimmenthaltung im Parlament zum Regierungsamt verhelfen. Zurück bleibt eine tief gespaltene Partei.

Im Dienste Spaniens habe es keine Alternative gegeben, lautet die Begründung der Sozialisten – dennoch: ein Schlag ins Gesicht jener, die unter der Sparpolitik von Rajoys Partido Popular (PP) gelitten haben. Somit bleibt eine als korrupt verschriene Regierung im Amt. Hunderte teilweise führende PP-Mitglieder stehen vor Gericht. Im größten Prozess geht es um illegale Parteienfinanzierung.

Die Sozialisten wollen jetzt den Regierungskurs von der Opposition aus beeinflussen. Dies ist tatsächlich möglich, denn Rajoy braucht künftig nicht nur die Stimmen der rechtsliberalen Ciudadanos (C's), sondern auch die Enthaltung von mindestens elf – sozialistischen – Abgeordneten.

Doch warum hat der PSOE nicht versucht, eine alternative Mehrheit auszuloten? Die Antwort ist einfach: Die Wirtschaft des Landes wollte auf keinen Fall eine Regierungsbeteiligung von Unidos Podemos. Diese hätte ein Ende des Sparkurses und die Rücknahme von Arbeitsmarktreformen gefordert, die Lohnsenkung und Entrechtung eines großen Teils der Beschäftigten zur Folge hatten. Die Sozialisten taten den Großunternehmen diesen Gefallen – doch die Wähler werden dies wohl kaum verzeihen. (Reiner Wandler, 23.10.2016)