Auch der Bischofsvikar Hermann Glettler sprach am Sonntag beim Lichtermeer für die irakische Familie in Kumberg.

Foto: Verein Kumberg - wir wollen teilen

Kumberg/Graz – Geht es um die Unterstützung der irakischen Familie H., gilt im steirischen Kumberg nach wie vor: Aufgegeben wird nur ein Brief. Die Marktgemeinde nordöstlich von Graz kämpft seit Monaten für die Flüchtlingsfamilie: für den neunjährigen Alan, die achtjährige Ayenne und deren Eltern. Wie DER STANDARD berichtete, sollte die bestens integrierte Familie vor einem Monat nach Kroatien rückgeschoben werden, das laut Dublin-Verordnung für sie zuständig ist. Das konnte nur vorübergehend verhindert werden. Nun probiert es der Verein "Kumberg – wir wollen teilen" mithilfe eines Anwalts beim Europäischen Menschenrechtsgerichtshof.

Schon im September reagierte man unter anderem mit Petitionen und einem Flashmob auf dem Marktplatz der Gemeinde. Auch ÖVP-Bürgermeister Franz Gruber war mit dabei. Nachdem große Teile der Gemeindebürger unter anderem mit ehrenamtlichen Deutschkursen ermöglicht hatten, dass sich die Familie im Ort, in den Sportvereinen und der Volksschule bestens einlebte, fühlten sich die Menschen in Kumberg von der Politik hinters Licht geführt, als ihnen die liebgewordenen Nachbarn nach einem Jahr wieder genommen werden sollten.

"Schonfrist abgelaufen"

Diesen Dienstag soll die "Schonfrist ablaufen", sagt Norbert Johne vom Verein "Kumberg – wir wollen teilen" dem STANDARD am Montag. "Sie könnten jetzt jeden Tag geholt werden, und aus der Grundversorgung fallen sie auch. Wir werden sie selbstverständlich nicht im Stich lassen."

Am Sonntagabend wurden wieder Kerzen auf dem Kumberger Marktplatz angezündet: Mehrere hundert Teilnehmer eines Lichtermeers forderten den Verbleib der Familie. Johne bestätigt dem STANDARD, dass der Verein es nun beim Europäischen Menschenrechtsgerichtshof versuchen wolle. "Unser Anwalt stützt sich dabei unter anderem auf einen Präzedenzfall, der uns aus Tirol bekannt ist, und auf die Tatsache, dass die Mutter in Behandlung ist und die Kinder traumatisiert wurden. Ihnen ist das alles nicht zumutbar."

"Gnade vor Recht"

In der Steiermark gab es in den vergangenen Tagen auch seitens der Politik und der Kirche Stimmen, die forderten, bei Fällen bereits gelungener Integration "Gnade vor Recht" ergehen zu lassen. Solche Gedanken äußerte Landeshauptmann Hermann Schützenhöfer (ÖVP) in der "Kleinen Zeitung" und der diözesane Integrationsbeauftragte Erich Hohl in einer Aussendung, in der er betont, es sei "sinnvollerweise eine politisch-gesetzliche Regelung dringend erforderlich, um unsinnige Abschiebungen, wie sie auch in der Steiermark vorkommen, zu verhindern". (Colette M. Schmidt, 24.10.2016)