Die "exhumierte" Madonna freut die Denkmalschützer, nicht nur aber auch, weil sie ihre Originalfarben noch hat.

Foto: ORF/Sabine Lentsch

Loretto – Die Wallfahrtsanlage im burgenländischen Loretto wird renoviert. Zurzeit wird Hand angelegt ans Zentrum, die kleine, neben der großmächtigen Basilika gleich daneben geradezu mickrige Gnadenkapelle. Und dort wurde nun etwas gefunden, das Peter Adam, den bundesdenkmalamtlichen Landeskurator fürs Burgenland, beinahe enthusiasmiert. "Man kann da schon von einer Sensation sprechen." Jedenfalls für kultus- und kunsthistorisch Interessierte.

Im Altar des kleinen Kapellenhäuschens lagen, wie bestattet, die Überreste eine Madonnenstatue, berichtet Sabine Lentsch vom ORF-Landesstudio. Der Kopf war ihr abgeschlagen worden, das Kind aus den Armen gerissen. Stil und Auffindungsart der quasi ritualgemordeten Steinmadonna lassen jedenfalls ein exaktes Todesdatum vermuten: 13. Juli 1683. Da kamen die Türken über den kleinen Ort.

Originalbemalung

Einzigartig, so Peter Adam, sei vor allem, dass sie über die drei Jahrhunderte große Teile der originalen Bemalung bewahren konnte, und die Art der Aufbewahrung. "Da gibt es viel Arbeit für unsere Experten. Die Zusammensetzung der Farben lassen sich rekonstruieren."

Die meisten Steinfiguren aus dieser Zeit standen ja im Freien. Dass diese barocke Figur so gut erhalten blieb über die lange Zeit, war wohl auch Zufall. "Der Altar war sehr durchfeuchtet, deshalb wurde ja auch Hand angelegt." Die Madonna lag allerdings in einem Sandbett, das die Feuchte absorbierte.

Stein und Ebenholz

Warum man aber gerade diese Skulptur so sorgsam aufbewahrte, ja grablegte, sei auch kulturgeschichtlich erforschenswert, meint der Landeskonservator. Das zentrale Gnadenbild war die steinerne Muttergottes ja nicht. Das war und ist die aus Ebenholz geschnitzte und damals nach Forchtenstein evakuierte Schwarze Madonna, die Crna Majka Božja, wie die Kroaten der Gegend sie nennen, für die Loretto eine ganz besondere Bedeutung hat.

Englische Rettung

Die lauretanische Legende erzählt ja, dass es die "casa santa", das Häuschen, in dem der Maria ihr späteres Gottesmuttertum verkündigt wurde, ins Dalmatische gezogen hat. 1291 trugen Engel das Häuschen – auf der Flucht vor den Ungläubigen – von Nazareth erst nach Trsat, heute ein Vorort von Rijeka. Etwas später nach Loreto bei Ancona, wo es eines der ganz wichtigen Pilgerziele wurde.

So auch 1644 für Rudolf von Stotzingen. Zurückgekehrt, baute der davon tief beeindruckte Herr von Hornstein ebenfalls so was, nicht minder dann weit ausstrahlendes Wallfahrerziel.

Restauratorische Hand

Peter Adam, der Landeskonservator, hat die exhumierte Madonna in die Denkmalamtwerkstatt evakuiert. Das Heilige Haus wird bis zum Frühjahr renoviert. Was mit dem Fundstück passiert, ist noch nicht ganz klar. "Unsere Experten werden versuchen, restauratorische Hand anzulegen." Dann wäre auch eine museale Aufbereitung möglich.

Oder auch, sagt jetzt Peter Adam nicht, eine liturgische: dass man sie gemeinsam mit der Schwarzen Madonna zu den gegebenen Wallfahrer-Anlässen an die Luft trägt, rund um Mitteleuropas größten natürlichen Dorfanger. Um zu zeigen, dass auch der Mater boni Consilii, der Mutter des guten Rates, ziemliches Ungemach geschehen kann von Zeit zu Zeit. (Wolfgang Weisgram, 25.10.2016)