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Eindeutig das Schuhwerk eines Clowns. Geht es nach Experten, sollte über Clownattacken nicht so intensiv berichtet werden.

Foto: REUTERS/Gleb Garanich

Jens Hoffmann mag nicht mehr. Der Leiter des Instituts für Psychologie und Bedrohungsmanagement in Darmstadt lässt auf STANDARD-Anfrage mitteilen, dass er für weitere Interviews zu Clownattacken nicht mehr zur Verfügung steht. In den vergangenen Wochen war seine Meinung in zahlreichen deutschsprachigen Medien zu lesen gewesen. Das reicht ihm jetzt – denn jede mediale Aufmerksamkeit könnte Nachahmungstäter auf den Plan rufen.

In Österreich, Deutschland und weiteren europäischen Ländern ist der Horrorclown-Hype längst angekommen, der in den USA vor wenigen Monaten seinen Anfang genommen hat. Geht es nach einer Umfrage der Deutschen Presse-Agentur bei Polizeibehörden, gab es seit der vergangenen Woche mindestens 370 Zwischenfälle mit Clowns – Sichtungen, Erschrecken, versuchte und tatsächliche Attacken.

De Maizière will entschlossen gegen Clowns vorgehen

Angesichts solcher Zahlen erscheint es nicht überraschend, dass Deutschlands Innenminister Thomas de Maizière am Freitag, drei Tage vor Halloween, ein entschlossenes und rasches Vorgehen gegen die sogenannten "Horrorclowns" verlangte. "Wenn Menschen massiv mit Gewalt bedroht werden, kann das strafbar sein", sagte er, "das hat nichts mehr mit harmlosen Halloween-Bräuchen zu tun."

Auch die britische Polizei warnt vor "Killerclowns", während die Fastfood-Kette McDonald's ihr Clown-Maskottchen Ronald McDonald in den USA vorübergehend aus der Öffentlichkeit zurückgezogen hat. Und der Münchner Circus Krone bietet seit Neuestem Seminare für Coulrophobiker an, wie Menschen mit Angst vor Clowns heißen. Das habe es auch schon vor 30 Jahren gegeben, als Stephen King in seinem Roman "Es" den Clown Pennywise als Bösewicht einsetzte. "Wir haben den Teilnehmern den Clowndarsteller ungeschminkt gezeigt und ihn vor ihren Augen verwandelt", sagte Zirkussprecherin Susanne Matzenau.

"Je mehr Aufmerksamkeit, desto mehr Nachahmer"

Die Killer-, Horror-, Grusel- und sonstigen erschreckenden Clowns sorgen also für mächtig Wirbel. Fasst man die bisherigen Aussagen des Experten Jens Hoffmann zusammen, fördert genau das aber nur den Hype. Jeder dieser Einzelfälle sei schlimm, sagte er der "Süddeutschen Zeitung", aber man sollte nichts "skandalisieren", denn die meisten "Täter" seien Jugendliche, die einem Hype hinterherrennen. Hoffmann rät daher dazu, alles nicht bedrohlicher zu machen, als es ist, denn: "Je mehr Aufmerksamkeit die Horrorclowns bekommen, desto mehr Nachahmer gibt es."

Auch Thomas Bliesener, Direktor des Kriminologischen Forschungsinstituts Niedersachsen, sieht einen direkten Zusammenhang zwischen dem Auftreten der Clowns und der Berichterstattung. "Für viele Leute ist das Motiv, in den Medien aufzutauchen", sagte er der "Mitteldeutschen Zeitung". Er vergleicht die Nachahmungstäter mit Steinewerfern oder Brandstiftern: "Man hat bei diesen Tätern festgestellt, dass es ein befriedigender Moment ist, wenn sie davon in der Zeitung lesen." Sobald darüber nicht mehr so intensiv berichtet werde, glaubt Bliesener, werden die Vorfälle auch wieder abnehmen.

Attacke erfunden

In dieser Hinsicht geht es übrigens auch andersrum: Im steirischen Gratkorn, berichtete die Polizei am Freitag, hat ein 13-Jähriger angegeben, am Sonntag von drei Clowns mit Hammer und Baseballschläger bedroht worden zu sein. Nun gestand er, alles nur erfunden zu haben – weil er Aufmerksamkeit wollte. (ksh, 28.10.2016)