Straßburg/Brüssel – Das EU-Parlament hat das harte Vorgehen der türkischen Regierung gegenüber Journalisten nach dem gescheiterten Putschversuch scharf kritisiert. In einer fraktionsübergreifenden Entschließung forderten die Straßburger Abgeordneten am Donnerstag die Freilassung aller Journalisten und Medienschaffenden, die ohne Beweise für kriminelle Vergehen festgehalten würden.

Seit dem gescheiterten Putschversuch vom 15. Juli habe die türkische Regierung mindestens 99 Journalisten und Autoren inhaftiert und 330 Journalisten die Akkreditierungen entzogen. Rund 2.300 Medienschaffende wurden entlassen, mehr als 100 Zeitungsredaktionen, Radio- und Fernsehsender geschlossen, beklagten die EU-Abgeordneten.

Mehr inhaftierte Journalisten als in China, Iran und Ägypten zusammen

"In der Türkei sind heute mehr Journalisten inhaftiert als in China, Iran und Ägypten zusammen", sagte die Türkei-Berichterstatterin der EVP-Fraktion, Renate Sommer. Die Haftbedingungen seien unzumutbar, und es gebe Berichte über Misshandlungen. Seit dem gescheiterten Putschversuch gebe es "eine regelrechte Hexenjagd auf Journalisten, Staatsanwälte, Polizisten, Militärs, Anwälte, Professoren, Geschäftsleute". Die Betroffenen hätten keinen Zugang zu Anwälten, keinen Zugang zu rechtsstaatlichen Mitteln, und oft würden Familienmitglieder in Sippenhaft genommen.

Der SPÖ-Europaabgeordnete Eugen Freund, verlas im Plenum in Straßburg einen Großteil der 130 Namen der derzeit in der Türkei inhaftierten Journalisten. "Es steht außer Streit, dass der Putschversuch nicht legitim war und zu verurteilen ist. Ganz und gar nicht hinnehmbar sind aber nun jene Aktionen der türkischen Regierung, die unter dem Hinweis eines Ausnahmezustands sowohl gegen unabhängige Richter als auch gegen Journalisten, die mit dem Putsch nichts zu tun hatten, gesetzt wurden", kritisierte er. (APA, 27.10.2016)