Das Sozialministerium ortet in manchen Bereichen Missbrauch bei der Inanspruchnahme von Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung.

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Wien – Das Arbeitsmarktservice (AMS) bekommt im Kampf gegen Missbrauch einen erweiterten Zugriff auf das Melderegister. Derzeit können die Mitarbeiter nur nachsehen, wo ein AMS-Kunde gemeldet ist. Künftig werden sie auch abfragen können, ob an einem Wohnort noch weitere Personen gemeldet sind. Das Sozialministerium, das einen entsprechenden Gesetzesentwurf am Donnerstag in Begutachtung geschickt hat, geht davon aus, dass dadurch die "missbräuchliche Inanspruchnahme von Leistungen der Arbeitslosenversicherung wesentlich erschwert" werde, wie es in den Erläuterungen heißt.

In der Praxis geht es vor allem um zwei Bereiche:

  • Grenzgänger
    Bei früheren Grenzgängern will man kontrollieren, ob sie tatsächlich in Österreich einen Anspruch auf Arbeitslosengeld haben. Ein Beispiel: Ein Pole ist in Wien und Warschau gemeldet. Lebt die Familie nicht bei ihm in Wien – das kann durch die neue Abfragemöglichkeit überprüft werden –, wird das AMS eher davon ausgehen, dass sein tatsächlicher Lebensmittelpunkt in Polen liegt. Somit müsste er auch in Polen Arbeitslosengeld beziehen.
    Wie berichtet, wird seit einiger Zeit auch AMS-intern gezielter auf die Gruppe der Grenzgänger geachtet. Mittels Formularen wird abgefragt, wie häufig jemand in die Heimat fährt und wo die Familie lebt.

  • Notstandshilfe
    Bei der Notstandshilfe will man besser kontrollieren können, ob nicht Personen, die im gemeinsamen Haushalt leben, unterschlagen wurden. Der Hintergrund: Notstandshilfe wird nur gewährt, wenn ein bestimmtes Haushaltseinkommen nicht überschritten wird. Ebenso kann über das Melderegister künftig überprüft werden, ob Kinder, für die beim Arbeitslosengeld Zuschläge beantragt wurden, tatsächlich im gemeinsamen Haushalt leben.

Eine weitere geplante Änderung betrifft die Kurzarbeit: Aus Sorge vor den negativen Folgen der Brexit-Abstimmung wird wieder jenes Modell eingeführt, das schon in den Krisenjahren angewendet und mit Ende 2015 außer Kraft gesetzt wurde. Konkret bekommen die Firmen ab 2017 wieder eine großzügigere Förderung. Zur Erklärung: Die Betriebe müssen die Sozialversicherungsbeiträge für die Mitarbeiter in voller Höhe zahlen, auch wenn diese die Arbeit reduziert haben. Derzeit bekommen sie nur einen Teil ihrer Mehrkosten ersetzt, künftig werden sie ab dem fünften Monat voll ersetzt, bei Mitarbeitern, die eine Weiterbildung machen, sogar ab dem ersten Monat.

Außerdem wird auch die maximale Dauer der Kurzarbeit von 18 auf 24 Monate verlängert. Aktuell ist Kurzarbeit freilich kein großes Thema. Ende September waren 1.919 Mitarbeiter in 18 Betrieben betroffen. Zum Vergleich: Im Krisenjahr 2009 waren es über 50.000. (Günther Oswald, 28.10.2016)