Quadratmeterpreise für neue Immobilien steigen, die Errichtungskosten hingegen sinken, klagen KMU-Vertreter.

Foto: APA/ROLAND SCHLAGER

Wien – Nicht nur der Preis zählt: Seit dem Frühjahr muss die öffentliche Hand in Österreich ihre Aufträge an den Bestbieter vergeben. Ob im Wohnbau, bei Krankenhäusern oder Schulen: Den Zuschlag erhält, wer auch mit anderen Kriterien, wie sozialen oder ökologischen, überzeugen kann. So will es das Vergabegesetz. Ziel ist es, schwarze Schafe aus der Branche auszusieben und die Qualität im Bau zu erhöhen. Wirksam werden die neuen Regeln ab einem Auftragsvolumen von einer Million Euro. Doch diese Schwelle ist aus der Sicht vieler Gewerbebetriebe hierzulande zu hoch.

Christian Wimmer fordert, diese Grenze auf 50.000 Euro zu reduzieren. Der Chef der Verbände Garant und Wohnunion, die 270 Unternehmen rund um Raumausstattung und Einrichtungshandel vereinen, sieht kleine und mittlere Betriebe bisher in keiner Weise von der Novelle profitieren. Sie kämen bei öffentlichen Aufträgen nur als Subunternehmer zum Zug – für sie gelte nach wie vor allein der Maßstab des billigsten Bieters.

Spekulieren auf spätere Aufzahlung

"Sieht man Kalkulationen eines Objekteurs, wird es einem als Betriebswirt schwindlig", sagt Wimmer. Viele gingen mit einem Minus bei den Deckungsbeiträgen in die Projekte. Sie hofften, die Kurve mit hartem Nachtragsmanagement zu kratzen, oder spekulierten auf eine spätere Aufzahlung für höherwertige Produkte. Doch der Druck auf sie nehme zu. "Obwohl die Quadratmeterpreise für neue Immobilien steigen, sinken die Errichtungskosten." Wimmer macht als Gewinner Bauträger und Generalunternehmer aus. Für das Gewerbe bleibe wenig übrig.

Er appelliert, das Prinzip des Bestbieters für kleine Betriebe durchlässiger zu machen. Die Gefahr wachse ansonsten, dass bei Qualität und Mitarbeitern gespart werde. Auf längere Sicht wüchsen damit die Folgekosten.

Josef Muchitsch, Bundesvorsitzender in der Gewerkschaft Bau-Holz, hält die aktuelle Grenze von einer Million Euro jedoch für angemessen. Denn Auftraggeber wie Gemeinden könnten die Wahl der Subunternehmen schließlich beeinflussen, sagt er. "Der Ball, welche Firmen die Generalplaner für Anbote einladen, liegt bei ihnen." Basis dafür sei die Schwellenwertverordnung: Die öffentliche Hand darf bis Ende 2018 Aufträge von bis zu 100.000 Euro frei vergeben. Im Bau kann sie für Volumina von bis zu einer Million Euro zumindest drei Unternehmen in einem nicht offenen Verfahren direkt zur Angebotslegung einladen.

Angst vor Absprachen

Kritik, wonach die neue Vergabepraxis Kosten für Steuerzahler durch weniger Wettbewerb nach oben treibe, lässt Muchitsch nicht gelten. "Schwachsinn." Die Erfahrung zeige vielmehr, dass sich die Bauprojekte nicht verteuerten, die Qualität aber gestiegen sei.

Für Wimmer führt ein weiterer Weg hin zu klügerer Kalkulation über ein Schweizer Modell: Dieses sieht vor, dass die jeweils teuersten und billigsten Anbieter automatisch aus dem Rennen um Aufträge ausscheiden. "Damit würde sich der Markt rasch beruhigen." Muchitsch hat auch daran Zweifel: Der Erfolg in der Schweiz sei von kurzer Dauer gewesen. Manipulation und Absprachen ließen sich damit nicht verhindern.

Was kleinen und mittleren Betrieben bei Aufträgen auf jeden Fall den Rücken stärken könnte, sei eine höhere Zahlungsmoral öffentlicher Auftraggeber, ist Wimmer überzeugt. Derzeit würden, bis endlich Geld fließt, die Fristen bis aufs Äußerste strapaziert. "20 Tage früher zahlen – und der Staat erspart sich etliche Konjunkturprogramme." (Verena Kainrath, 28.10.2016)