In den Westen fliegen ist nicht schwer, in den Osten dagegen sehr: Durch Diäten, die richtige Abflugzeit und das Unterlassen von Zeitvergleichen lassen sich Jetlag-Symptome mildern.

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Es ist 15 Uhr, Christin geht gerade ins Bett. Ihren Wecker stellt sie sich für Mitternacht, dann beginnt ihr Tag. Christin ist fiktiv, doch ihr Problem ist real und macht vielen Menschen zu schaffen: Jetlag. Er bringt den Körper aus dem Konzept und unsere Biorhythmen, die ansonsten wie ein gut eingespieltes Team zusammenarbeiten, durcheinander.

Neben Müdigkeit und Erschöpfung können Stimmungsschwankungen, Kopfschmerzen, Schwindel, Störungen der Verdauung und des Menstruationszyklus, Hunger, Probleme mit Blutdruck oder dem Harn- und Stuhldrang die Folge sein, weil die innere Uhr und der äußere Tagesrhythmus nicht mehr zusammenpassen.

Um das Durcheinander im Körper zu vermeiden, hat Christin sich für ihren fünftägigen Trip nach New York etwas vorgenommen: In der Zeit ihrer Heimatstadt Wien weiterzuleben. Frühstück gibt es also um ein Uhr nachts, Mittagessen um acht Uhr morgens, Abendessen um 14 Uhr.

Im Rhythmus bleiben

"Wenn jemand nur für ein paar Tage in die USA oder nach Asien fliegt, kann er sich gar nicht auf die Zeit im Zielland umstellen", sagt Reisemedizinerin Ursula Hollenstein vom Institut Traveldoc. "Wenn der Tagesablauf es erlaubt, ist es eine gute Idee, im alten Rhythmus zu bleiben, weil man dann in den wachen Phasen viel fitter ist."

Auch Arianna Huffington, Journalistin und Mitbegründerin der "Huffington Post", beschäftigt sich in ihrem neuen Buch "Die Schlafrevolution" mit dieser Idee. Reisende fühlen sich immer dazu gezwungen, sich an die Zeit im Zielland anzupassen, dabei sei das nicht immer eine gute Idee – besser sei, so zu tun, als hätte die Reise nie stattgefunden, so die Empfehlung.

Wer nicht in der alten Zeitzone bleiben kann, weil Meetings oder andere Termine anstehen, kann schon vor Reiseantritt die neue Zeitzone trainieren. Wer in den Westen fliegt, bleibt abends länger wach und steht morgens früher auf, genau umgekehrt machen es Ostreisende.

Geplante Nahrungszufuhr

Neben angepassten Schlafenszeiten kann Studien zufolge auch die genau geplante Nahrungszufuhr Jetlag-Geplagten vieles erleichtern. Wissenschafter des Beth Israel Deaconess Medical Centers in Boston empfehlen, während und vor einer Flugreise – insgesamt mindestens 16 Stunden – zu fasten. Dadurch gelinge es dem Körper, sich schneller an einen neuen Rhythmus zu gewöhnen.

Auch verschiedene Diäten, etwa jene, die Essenszeiten schon einige Tage vor der Abreise wie im Zielland einzuhalten, sollen Jetlag-Symptome drastisch reduzieren. Außerdem hilft die kluge Auswahl des Speiseplans: Wer im Flugzeug schlafen will, sollte Kohlenhydrate essen, wer wach bleiben will, greift besser zu eiweißhaltigen Lebensmitteln.

Für längere Reisen gilt generell: Auch wenn der Körper nicht dazu bereit ist, sollten Reisende den neuen Rhythmus akzeptieren. "Wer um drei Uhr früh längst wach liegt, sollte dennoch noch im Bett bleiben", rät Hollenstein.

Reisen in den Westen sind dabei weit besser verträglich als jene in den Osten. Wer wie Christin von Wien nach New York fliegt, muss ein paar Stunden länger durchhalten, bis auch in den USA Schlafenszeit ist. Ratsam ist daher, Flüge zu buchen, die am späten Nachmittag das Zielland erreichen – bis zum Abend ist es dann nicht mehr lang. Umgekehrt muss, wer in den Osten fliegt, schon ins Bett gehen, obwohl das Aufstehen noch nicht lange her ist, "das fällt den Menschen schwer", sagt Hollenstein. "Obwohl das natürlich individuell verschieden ist, gilt als grobe Faustregel, dass der Körper pro Zeitzone etwa einen Tag braucht, um sich umzustellen."

Realistisch bleiben

Wer die Uhr schon beim Start der Reise auf die Zeit im Zielland umstellt, weiß nicht nur, wie lange es noch bis zur Landung dauert, sondern erleichtert sich auch die Umstellung im Kopf. Denn wer nicht ständig an die Zeit im Ausgangsland denkt, kann mit dem Jetlag besser umgehen. "Psychologisch kann das auch beim Übertauchen von Müdigkeitsschüben helfen", sagt Hollenstein.

Um nicht in ein Schlafentzungskoma zu fallen, rät Huffington allen Flugreisenden, ausreichend Zeit fürs Schlafen einzuplanen, "selbst wenn der Trip dann einen Tag länger dauert".

Zudem heißt es realistisch bleiben: Wer glaubt im Flugzeug schlafen und ausgeruht am Zielort in den Tag starten zu können, hat wohl vergessen, wie oft Schlafpläne von schreienden Babys, Turbulenzen oder lauten Ansagen sabotiert werden. (Bernadette Redl, 31.10.2016)