Für Alexander Antonitsch ist Dominic Thiem Sportler des Jahres.

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Wien – Alexander Antonitsch wirkt ein wenig unrund. Das liegt aber nicht an der leichten Katerstimmung in der Wiener Stadthalle. Dominic Thiem und Jürgen Melzer sind bekanntlich aussgeschieden. "Ich tue mir schwer damit, dass die Erfolge von Dominic Thiem nicht gereicht haben, um Sportler des Jahres zu werden", sagt Antonitsch im Gespräch mit dem STANDARD am Rande der Erste Bank Open.

Der 52-Jährige Kärntner will das aber nicht als Kritik an Marcel Hirscher verstanden wissen. "Ein phänomenaler Skifahrer. Aber ist die Leistungsdichte ein Kriterium?"

Antonitsch sieht einige Disziplinen im Gesamt-Weltcup als inflationär. Aber auch in einem Wettbewerb mit ein paar wenigen Nationen ist es eine Challenge, immer vorne zu sein. Der ÖSV ist dahingehend natürlich gut aufgestellt.

Abgestimmt haben 371 Mitglieder der Sportjournalisten-Vereinigung Sports Media Austria (SMA). "Es gibt beispielweise kaum mehr Tennisjournalisten in Österreich. Die Anerkennung für Sommersportarten fehlt", sagt Antonitsch. Nachsatz: "Es ist eine Sympathie-Wahl und daher natürlich subjektiv." Dominic Thiem war bereits Nummer sieben der Tennis-Weltrangliste, hat vier Turniere gewonnen heuer, stand im Semifinale der French Open in Paris. "Das ist unglaublich für so einen jungen Spieler. Er hat Roger Federer und Rafael Nadal geschlagen. Thiem hätte sich den Preis verdient gehabt."

Reform-Idee

"Die Sommersportler hatten ihre Chance. Aber da hat sich ja niemand so richtig aufgedrängt", sagte ÖSV-Präsident Peter Schröcksnadel vor kurzem in einem STANDARD-Interview. Eine Aussage, die im Tennislager für Kopfschütteln sorgt.

Eine Reform des Wahlprozederes könnte sich Antonitsch vorstellen. Der Ex-Tennis-Profi stellt die Frage in den Raum: "Warum lassen wir nicht die einzelnen Sportverbände abstimmen? Oder die Dachverbände? Dort wird aufgrund der täglichen Arbeit höchste Wertschätzung für alle Sportarten, vor allem auch Einzelsportarten, vorhanden sein." Im Ranking der Sportler des Jahres finden sich auch Judoka und Ruderer, die für ihre Leistungen bei den olympischen Spielen in Rio stark kritisiert wurden. Für Antonitsch völlig unverständlich. "Sportler als Olympia-Touristen zu bezeichnen, das tut jedem Athleten, der viel Zeit opfert für seine Karriere, wirklich weh."

Für Antonitsch ist die Resonanz auf Sportler-Wahl aber nur die Speerspitze der Diskussion über das Verhältnis Österreichs zum Sport. "Österreich wird links und rechts überholt von anderen Ländern, die ihre Kinder im frühesten Alter polysportiv fördern. Wir müssen ganz unten anfangen, uns neue Konzepte überlegen. Viele Jugendliche können heute gar keine Karriere mehr im Sport machen, weil sie die koordinativen Grundlagen im Kindesalter nicht gelernt haben." (Florian Vetter, 28.10.2016)