Der harte Kern und sein Buhmann.

Foto: APA/Punz

St. Pölten – Es herrschte Uneinigkeit unter St. Pöltens Kiebitzen. Man hob die Stimme, manch einer wachelte gar ein bisschen mit dem Flügel. Selbstverständlich ging es um das Abservieren des Sir. Während einerseits Unwürdigkeit moniert wurde, kam andererseits auch die Reißleine auf den Tisch. Nach dem unmöglichen 1:5 gegen Salzburg vor einer Woche wäre das Ziehen derselben alternativlos gewesen. Auch die Frage, ob beim Erfolg im Cup gegen Tabellenführer Sturm etwa bereits ein Hauch von Trainereffekt feststellbar war, konnte nicht mit Eindeutigkeit beantwortet werden. Im Fußball kann eben alles passieren, warf STANDARD-Favorit Reinhard Weidinger ein, und kam angesichts der Schönheit dieses Gedankens beinahe ins Schwärmen.

Was man so hört

Am ehesten Übereinstimmung gab es hinsichtlich der Diagnose, dass zwischen Ex-Trainer Karl Daxbacher und Sportdirektor Frenk Schinkels wohl gröbere Disharmonien geschwelt haben dürften. Dabei ging es offenbar nicht zuletzt um die Einschätzung der Konkurrenzfähigkeit des Kaders. Daxbacher machte den Eindruck des Pessimisten, Schinkels gab den Optimisten. Der STANDARD wiederum, falls das jemandes Interesse wecken sollte, neigte der Meinung zu, dass bisher der Rahmen des Möglichen gar nicht so suboptimal ausgeschöpft worden war. Viel mehr als ein erfolgreich absolvierter Abstiegskampf dürfe nicht erwartet werden. Aber vielleicht liegt er damit auch völlig falsch.

Den Kiebitzen wiederum war nicht entgangen, dass der unterdessen zum Chef beförderte Jochen Fallmann gegen die Grazer eine ganze Reihe von Spielern wieder aufgeboten hatte, die unter seinem Vorgänger kein Leiberl mehr gehabt hatten. Doch welche Schlüsse waren daraus zu ziehen? Daxbacher habe es seit Saisonbeginn eben nicht geschafft, einen Stamm zu finden, meinte der eine. Aber was, wenn er von gewisser Seite unter Druck gesetzt worden sei, den diversen niederländischen Neuzugängen doch bitte endlich eine Chance zu geben, frug der andere?

Punkte bitte

Ein dritter schließlich fand, dass der SKN langsam wieder anfangen sollte, Heimspiele zu gewinnen. Vielleicht sogar gleich einmal jenes gegen den SC Rheindorf Altach.

Die Vorarlberger begannen am Samstag zunächst mit dem Selbstverständnis eines Tabellenzweiten. Dimitri Oberlin ließ Goalie Thomas Vollnhofer sogleich einmal nach einem Kopfball tauchen. Recht bald aber mischte St. Pölten ordentlich mit, Kevin Luckassen konnte eine Hereingabe von Lukas Thürauer nicht bändigen, ansonsten wäre das eine gute Gelegenheit gewesen (11.). Im Gegenzug zwirbelte Nikola Dovedan einen zu Unrecht verhängten Freistoß ins Außennetz.

Der emotional in seinem Geviert coachende Fallmann hatte im Vergleich zur Salzburg-Demontage drei Änderungen vorgenommen. Vollnhofer blieb nach überzeugender Vorstellung im Cup zwischen den Pfosten, Thürauer scheint bis auf weiteres als Taktgeber re-installiert, Michael Ambichl kam im linken Mittelfeld zu Amt und Würden.

Es ging so

Engagiert produzierten beide Seiten im Gleichklang Stückwerk, wenngleich der SKN doch das Team mit deutlich mehr Ballbesitz war. Das Hinschauen tat durchaus nicht weh, war aber auch nur mäßig unterhaltsam. In den Gefahrenzonen herrschte Flaute. Die Austerität der Defensiven, die auf jegliche Spompernadeln verzichteten, trug ihren Teil dazu bei. Die Gastgeber kontrollierten das talentierte Altacher Angriffstrio (Oberlin, Dovedan, Nicolas Ngamaleu) überraschend gut. Luckassen und Daniel Segovia strahlten auf der Gegenseite gepflegte Ungefährlichkeit aus. Nach einer halben Stunde wieder ein Torschuss: Thürauer. Das reichte wieder nicht für eine St. Pöltner Pausenführung.

Gleich nach Wiederbeginn arbeitete Segovia den Ball aus kurzer Distanz am Gehäuse von Andreas Lukse vorbei. Es war das Startsignal für einen Zwischenspurt der Gastgeber. Manuel Martic, erneut überzeugender Abfangjäger, versuchte gleich mehrfach, Abschlüsse anzubringen. Einen Distanzschuss konnte Lukse nur prallen lassen, allein Abstauber war keiner vor Ort (52.).

Und dann auch das noch

Der SKN beherrschte die Partie nun ganz deutlich, während Altach in die völlige Bedeutungslosigkeit abzugleiten drohte. Beinahe wäre sogar der Funke auf unentwegte 2084 auf den Rängen übergesprungen. Dass Damir Canadi Daniel Luxbacher für Oberlin brachte, war der Tatsache geschuldet, dass sein Mittelfeld vollkommen den Zugriff verloren hatte. Augenblicke später, und nicht erst in einem späteren Leben, zeigte sich dann: das Karma war auch an diesem Abend nicht im Lager des SKN. Denn Altachs Patrick Salomon köpfelte das zu diesem Zeitpunkt völlig unlogische 1:0 für die Gäste (65.).

St. Pölten wurde mit diesem Dämpfer nicht fertig. Ähnlich wie ausströmende Luft einen Ballon formlos zurück lässt, geschah dies auch mit niederösterreichischen Psychen. Alles war mit einem Schlag anders und Altach am Drücker. Nur wenige Minuten nach der Führung hatte Salomon das 2:0 auf dem Fuß, doch Vollnhofer bändigte seinen Schuss von der Strafraumgrenze bravourös (70.).

Philipp Netzer kanonierte noch über das Tor (79.), ehe Fallmanns Elf sich immerhin wieder halbwegs konsolidieren konnte. Mehr als zu einem verunglückten Drehschuss des eingewechselten Alhassane Keita reichte es jedoch nicht. Der SKN musste im siebenten Match in der NV-Arena die fünfte Niederlage einstecken, an der Traisen bleibt auch nach dem Sir der Wurm drin. (Michael Robausch, 29.10. 2016)

Bundesliga 13. Runde:

SKN St. Pölten – SCR Altach 0:1 (0:0). St. Pölten, NV Arena, 2.084, SR Weinberger.

Tor: 0:1 (65.) Salomon

St. Pölten: Vollnhofer – Stec (87. Heerings), Huber, Grasegger, Pirvulescu – Ambichl, Martic, Thürauer (76. Lumu), Schütz – Luckassen, Segovia (67. Keita)

Altach: Lukse – Jäger, Netzer, Galvao – Lienhart, Prokopic, Salomon (90. Schilling), Schreiner – Ngamaleu – Dovedan (84. Sakic), Oberlin (63. Luxbacher)

Gelbe Karten: Huber, Ambichl bzw. Galvao, Jäger, Dovedan, Salomon, Luxbacher