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Der Milliardär Bidsina Iwanischwili gründete die Partei Georgischer Traum, die nun mit einer ausreichenden Mehrheit regiert, um die Verfassung zu ändern.

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Tiflis – Die Parlamentswahl in Georgien hat der regierenden Partei Georgischer Traum (GT) nach offiziellen Angaben eine Mehrheit gebracht, mit der sie künftig auch Verfassungsänderungen beschließen kann.

In der zweiten Wahlrunde am Sonntag habe die vom Milliardär Bidsina Iwanischwili gegründete Partei Georgischer Traum von den 50 Wahlkreisen, in denen eine Stichwahl um jeweils ein Mandat ausgetragen wurde, 48 gewonnen, sagte die Sprecherin der Zentralen Wahlkommission, Ketewan Dangadse, am Montag der Nachrichtenagentur AFP. Die übrigen zwei Sitze gingen an unabhängige Kandidaten.

Erstmals prorussische Partei im Parlament

In der ersten Wahlrunde am 8. Oktober hatte die prowestliche Regierungspartei 48,7 Prozent der Stimmen bekommen, die ebenso prowestliche Oppositionspartei Vereinigte Nationale Bewegung (VNB) landete mit 27,1 Prozent der Stimmen abgeschlagen auf dem zweiten Platz. Erstmals seit Georgiens Loslösung von der Sowjetunion überwand mit der Allianz der Patrioten auch eine prorussische Partei die Fünf-Prozent-Hürde.

Den amtlichen Ergebnissen zufolge bekommt Georgischer Traum nun 115 der insgesamt 150 Parlamentssitze. Die VNB kommt auf 27 Mandate, die Allianz der Patrioten auf sechs. Die übrigen zwei Sitze gingen an unabhängige Kandidaten. Damit kann Georgischer Traum nicht nur erneut die Regierung stellen, sondern auch Verfassungsänderungen durchsetzen.

Manipulationsvorwürfe

Die Opposition warf dem Regierungslager Wahlmanipulationen vor. "Den Georgiern wurde ihr Recht vorenthalten, eine freie Wahlentscheidung zu treffen", sagte Giorgi Baramidse, der zur VNB-Führung gehört. Es seien Wähler unter Druck gesetzt und Stimmen gekauft worden.

Die Zentrale Wahlkommission erklärte hingegen, die Wahlen seien "in einer ruhigen Atmosphäre abgehalten worden". Die Wähler seien in der Lage gewesen, "ihren freien Willen zu äußern".

Die Internationale Gesellschaft für faire Wahlen, eine örtliche Organisation, die rund 700 Wahlbeobachter in die Wahllokale geschickt hatte, berichtete über vereinzelte Verfahrensfehler. So seien mehrfache Stimmabgaben vorgekommen.

Reichster Mann des Landes als Strippenzieher

Vor vier Jahren hatte das bunte Parteienbündnis Georgischer Traum trotz Rückstand in den meisten Umfragen die langjährige Herrschaft der VNB beendet. An der Regierung zerfiel das Bündnis aber, Georgischer Traum trat nun als Einzelpartei an. Den Ton gibt dort nach wie vor Georgiens reichster Mann Iwanischwili an. Er hatte 2013 nach nur einem Jahr den Posten des Regierungschefs niedergelegt, er gilt aber nach wie vor als Mann, der im Hintergrund die Fäden zieht, obwohl er kein offizielles Amt mehr bekleidet und auch nicht erneut kandidiert hat. Ihm ging es offensichtlich vor allem darum, der vom damaligen Staatspräsidenten Micheil Saakaschwili gegründeten VNB die Macht zu entziehen. Saakaschwili, den Iwanischwili früher unterstützt hatte, war ein Anführer der prowestlichen Rosenrevolution im Jahr 2003. Da gegen ihn ein Haftbefehl wegen Machtmissbrauchs rund um die Niederschlagung von Anti-Regierungs-Protesten vorliegt, ging er nach dem Machtwechsel und seiner Zeit als Präsident ins Exil und übernahm im ukrainischen Odessa den Posten des Gouverneurs.

GT-Regierungschef war zuletzt Giorgi Kwirikaschwili. Die Südkaukasusrepublik Georgien am Schwarzen Meer ist mit 69.700 Quadratkilometern etwas kleiner als Österreich. Sie hat knapp vier Millionen Einwohner. Mehr als 70 Prozent der Bevölkerung wollen den Beitritt zu EU und NATO. Das Verhältnis zu Russland ist seit einem fünftägigen Krieg 2008 gespannt. Russland erkannte danach die von Georgien abtrünnigen Regionen Südossetien und Abchasien als unabhängige Staaten an. (APA, 31.10.2016)