Radio Dreams, Babak Jalali, 2016

Foto: viennale

Es ist doch tatsächlich Charlie Chaplin auf dem diesjährigen Poster. Während diese dringende Frage bereits beantwortet wurde, wird eine weitere am Montagabend zur Diskussion gelangen: Welchen Film kürt die Publikumsjury zu ihrem Sieger? Bevor eine Entscheidung getroffen werden kann, steht noch ein letzter (Pflicht-)Film auf dem Programm. Ob dieser unsere jeweiligen Top drei noch einmal durchmischen kann, ist fraglich.

30 Filme pro Kopf, Zeitgefühl ade!

Mit rund 30 Filmen pro Kopf war das Programm, das wir uns zusammengestellt hatten, sehr dicht. Davon 19 "Pflichtfilme", aus denen wir unseren Siegerfilm wählen. In der Mitte des Festivals ein (pflicht)filmfreier Tag, dafür Treffen mit Festivalleiter und Legende Hans Hurch höchstpersönlich. Am selben Abend dann Lusthausfest, von dem es mit dem letzten Shuttle um vier in der Früh zurück zum Intercontinental geht – oder doch nach Bibione? Würde jedenfalls einen guten Film machen.

Der Einfluss der Filme auf das reale Leben ist immens; das Zeitgefühl geht vollkommen verloren, und das nicht nur wegen der Umstellung von Sommer- auf Winterzeit mitten im Festivalalltag. Welcher Tag eigentlich ist, hat man schon längst vergessen, von der Uhrzeit ganz zu schweigen. Dragee-Keksi und Kaffee werden zu Grundnahrungsmitteln, ein kurzer Spaziergang durch den Stadtpark oder den Ring entlang zu einem täglichen Ritual. Zum Glück finden nicht alle Vorstellungen im selben Kino statt.

Wenn die Filmwelt mit der Realität verschmilzt

Wenn dann bei einem dieser Spaziergänge die Filmwelt mit der realen Welt verschmilzt und man den Akkordeonspieler auf der Kärntner Straße das (russische) Lied anstimmen hört, das wenige Tage zuvor im amerikanisch-iranischen "Radio Dreams" wunderbar komisch auf dem Keyboard gespielt wurde, dann ist das einer dieser Momente, für die wir Filmliebhaber leben.

Mit einem lachenden und einem nervös zuckenden, durch Schlafmangel und Koffeinüberschuss beeinträchtigten Auge geht es also in den Final Countdown. Die Entzugserscheinungen lassen bestimmt nicht lange auf sich warten. Aber: Nach der Viennale ist vor der Viennale. (Barbara Sorger, 31.10.2016)