Ankara/Wien – Reporter ohne Grenzen hat sich "schockiert" über die jüngste Repressionswelle gegen Journalisten und Medien in der Türkei gezeigt. Die Journalisten-Organisation forderte am Montag die türkische Regierung auf, die inhaftierten Journalisten unverzüglich freizulassen.

"Die Schikanen gegen Cumhuriyet und pro-kurdische Zeitungen sind ein eindeutiges Zeichen für die Geringschätzung der türkischen Regierung für abweichende Meinungen und generell für das Menschenrecht Informationsfreiheit", erklärte Rubina Möhring, Präsidentin von Reporter ohne Grenzen Österreich, in einer Aussendung.

Notstand lässt Regierung freie Hand

Um die Pressefreiheit war es in der Türkei noch nie besonders gut bestellt. Besonders in den vergangenen Jahren haben staatliche Repressalien gegen kritische Journalisten zugenommen. Doch unter dem nach dem Putschversuch im Juli verhängten Ausnahmezustand sprechen Medienrechtsorganisationen wie Reporter ohne Grenzen von einer "Repression in ungekanntem Ausmaß".

Der Notstand erlaubt es der Regierung unter anderem, Zeitungen und Zeitschriften zu verbieten, falls diese "die nationale Sicherheit bedrohen". Nach Angaben der unabhängigen Journalistenplattform P24 sind nach dem gescheiterten Putsch 168 Medien und Verlage durch Notstandsdekrete geschlossen worden, darunter sogar ein kurdischsprachiger Kindersender. Mehr als 200 Journalisten seien zumindest vorübergehend festgenommen worden. Derzeit seien mehr als 100 Journalisten in Haft.

Presseausweise annulliert

Damit führt die Türkei erneut die Liste der Länder an, in denen die meisten Reporter im Gefängnis sitzen. Durch die Schließungen wurden Tausende Journalisten arbeitslos. Hunderte von der Regierung ausgestellte Presseausweise wurden annulliert. Außerdem wurden die Reisepässe einer unbestimmten Anzahl Journalisten für ungültig erklärt, die somit das Land nicht verlassen dürfen.

Auf der Rangliste der Pressefreiheit von Reporter ohne Grenzen lag die Türkei schon vor dem Ausnahmezustand nur auf Platz 151 von 180 Staaten. Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan beharrt dennoch darauf, dass die Medien in der Türkei frei seien. (APA, dpa, 31.10.2016)