Wien – Viele Patienten können ein Lied davon singen. Wer einen Termin bei einem Facharzt will, muss oft Wochen warten, manchmal sogar einige Monate. Vor allem in der Bundeshauptstadt haben die Klagen in den vergangenen Jahren zugenommen. Wie aber sieht es tatsächlich um die ärztliche Versorgung außerhalb der Spitäler aus?

Daten, die das Gesundheitsministerium im Rahmen einer parlamentarischen Anfrage der grünen Abgeordneten Eva Mückstein veröffentlicht hat, liefern nun ein umfassendes Bild und ermöglichen auch regionale Vergleiche. DER STANDARD hat die wichtigsten Ergebnisse zusammengefasst:

  • Vertragsärzte: Zunächst einmal zeigt sich, dass die Zahl der Vertragsärzte, also jener, die einen Vertrag mit einer Krankenkasse haben, in den vergangenen zehn Jahren nur leicht gestiegen ist – um 2,7 Prozent auf 7.208. Die Zahl der versicherten Personen nahm im selben Zeitraum stärker zu.

Wirklich spürbar war der Anstieg nur bei den Neurologen und Psychiatern (plus 22,5 Prozent von 218 auf 267 Ärzte) sowie bei den Radiologen (plus 19,8 Prozent von 207 auf 248 Ärzte). Einen starken Rückgang gab es bei Vertragsmedizinern in Laboratorien (minus 27,9 Prozent) und in der physikalischen Therapie (minus 13 Prozent).

Regionale Unterschiede

Was ebenfalls auffällt: Die regionalen Unterschiede sind groß. Während die Zahl der Kassenärzte in Oberösterreich (plus neun Prozent) und Vorarlberg (plus 8,5 Prozent) kräftig wuchs, sank sie in Wien (minus fünf Prozent auf 1.678) und der Steiermark (minus 2,3 Prozent auf 966).

Ist das Netz an Kassenärzten nun also in Wien am wenigsten dicht? Keinesfalls. Gemessen an der Zahl der Versicherten (Gebietskrankenkassen plus alle sonstigen Kassen) gibt es in der Hauptstadt noch immer die meisten Vertragsärzte – und zwar mit Abstand. Hier kommen im Schnitt 1.023 Menschen auf einen Kassenarzt. Zum Vergleich: In Vorarlberg, dem Land mit der zweithöchsten Dichte, ist ein Arzt für 1.126 Versicherte zuständig, in vier Ländern sind es mehr als 1.200 Versicherte. In der Steiermark, dem Land mit der geringsten Dichte, ist ein Arzt sogar für 1.253 Menschen zuständig.

Es lässt sich also sagen: Die Ärztedichte hat in Wien zwar abgenommen (2011 war ein Arzt nur für 945 Versicherte zuständig), im Vergleich zu den anderen Ländern ist sie aber noch immer ganz gut. Was sich aus den Zahlen aber nicht ablesen lässt, ist, wie viele Stunden die Ärzte offen haben und ob es hier regionale Unterschiede bei der Versorgung gibt.

  • Wahlärzte: Was jedenfalls klar für die Unzufriedenheit der Patienten spricht, ist die Tatsache, dass die Zahl der Wahlärzte von Jahr zu Jahr zunimmt. Wahlärzte haben keinen Vertrag mit einer Krankenkasse, die Patienten können sich im Nachhinein aber bis zu 80 Prozent jenes Betrages von der Kasse zurückholen, den ein Vertragsarzt verrechnet hätte.

Österreichweit ist ihre Zahl seit 2005 um 43 Prozent auf zuletzt 10.553 gestiegen. Der Trend zieht sich in verschiedenen Abstufungen durch alle Länder. In Wien stieg deren Verfügbarkeit um 59 Prozent (von 2.118 auf 3.373 Ärzte), in Kärnten (von 554 auf 666 Ärzte) und in Vorarlberg (von 301 auf 362 Ärzte) jeweils um den geringsten Wert von 20 Prozent.

Die Zahl der Allgemeinmediziner unter den Wahlärzten erhöhte sich in dieser Zeit von 1.997 auf 2.530 (plus 26,7 Prozent). Noch größer war die relative Zunahme in einzelnen Fachgebieten, angeführt von den Orthopäden mit einer exakten Verdoppelung von 242 auf 484 Mediziner. Dahinter folgen Urologen (plus 89 Prozent), Augenärzte (plus 86 Prozent) und Dermatologen (plus 77 Prozent). Die größten Zuwächse in absoluten Zahlen verzeichneten Internisten (um 382 auf 1.162 Ärzte), die Zahnärzte (um 238 auf 1.009 Ärzte) und Gynäkologen (um 213 auf 801 Ärzte).

509 Versicherte pro Arzt

Auf die Zahl der Versicherten umgelegt zeigt sich wie schon bei den Vertragsärzten, dass das Angebot in Wien mit Abstand am stärksten ausgebaut ist. Hier kommt im Schnitt auf 509 Versicherte ein Wahlarzt. Die zweithöchste Dichte verzeichnet Salzburg (734 Versicherte pro Wahlarzt). Wenig verbreitet ist das Wahlärztesystem in Vorarlberg, wo mehr als 1.000 Versicherte auf einen Mediziner kommen.

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Die Österreicher weichen mehr und mehr auf Wahlärzte aus.
Foto: AP Photo/Thomas Kienzle

Nur eine Minderheit arbeitet aber ausschließlich in einer Wahlarztpraxis. 54 Prozent haben zusätzlich ein Angestelltenverhältnis – vor allem in Krankenhäusern. Allerdings gibt es auch hier große Unterschiede. In Wien haben 60 Prozent zusätzlich eine Anstellung, in Vorarlberg nur 29 Prozent.

Nicht zuletzt deshalb wurde im Hauptverband bereits geprüft, ob man Nebentätigkeiten von Krankenhausärzten verbieten könnte. Ein Gutachten kam zum Schluss, dass das rechtlich möglich wäre. (Günther Oswald, Michael Matzenberger, 2.11.2016)