Bild nicht mehr verfügbar.

Eine Todeszelle im Gefängnis von San Quentin in Kalifornien. Unterstützer der Proposition 62 wollen, dass im Todestrakt für immer das Licht ausgeht.

Foto: AP Photo/Eric Risberg, File

Für 741 Menschen geht es am 8. November um Leben oder Tod: Denn im US-Bundesstaat Kalifornien wird nicht nur über den nächsten Präsidenten der Vereinigten Staaten, sondern auch über die Todesstrafe abgestimmt. Gleich zwei Anträge im bevölkerungsreichsten Bundesstaat der USA beschäftigen sich mit der Vollstreckung der Todesstrafe, die in Kalifornien zuletzt 2006 angewandt wurde:

  • Proposition 62 will die Todesstrafe durch einen Verfassungszusatz abschaffen.
  • Proposition 66 hingegen will den Zeitraum zwischen Verurteilung und Hinrichtung verkürzen.

13 Hinrichtungen seit 1978

Einig sind sich die beiden Initiativen nur bei einem: Das kalifornische System für Hinrichtungen funktioniert nicht. 1972 urteilte der oberste Gerichtshof des Bundesstaats, dass die Todesstrafe verfassungswidrig sei, im gleichen Jahr stimmten die Bürger aber für die Wiedereinführung der Todesstrafe durch einen Verfassungszusatz. Seither wurden hunderte Todesurteile in Kalifornien gefällt, aber nur 13 Menschen wurden seit 1978 – der endgültigen Wiedereinführung der Todesstrafe in Kalifornien – hingerichtet. 741 Insassen warten derzeit auf ihre Hinrichtung – mehr als in irgendeinem anderen Bundesstaat der USA. Ein Todeskandidat wartet in Kalifornien im Schnitt 18 Jahre auf seine Hinrichtung – das führte zu einem Rückstau in den Gefängnissen: Die Zahl der Todeskandidaten ist mittlerweile so groß, dass die kalifornischen Behörden nicht mehr genug Todeszellen haben. Ein Sonderposten im Budget musste vergangenes Jahr verabschiedet werden, um neue Zellen zu bauen.

Die Unterstützer von Proposition 62 wollen, dass damit Schluss ist und alle Todesurteile in lebenslange Haftstrafen ohne die Möglichkeit auf vorzeitige Entlassung umgewandelt werden. Dabei wird nicht nur ein moralisches, sondern vor allem ein finanzielles Argument vorgebracht. Seit 1978 wurden laut den Aktivisten mehr als fünf Milliarden US-Dollar für die Todesstrafe ausgegeben, obwohl nur 13 Menschen hingerichtet wurden. Gerichts- und Anwaltskosten für die zum Tode verurteilten Insassen belaufen sich derzeit auf rund 150 Millionen Dollar pro Jahr.

70 Todeskandidaten starben eines natürlichen Todes

Unterstützer der Proposition 66 hingegen wollen, dass die Todesurteile schneller vollstreckt werden. Erreichen will man das, indem Angeklagten schneller Verteidiger zugewiesen werden. Derzeit dauert es oft Jahre, bis des Mordes Beschuldigte einen Anwalt erhalten. Darüber hinaus soll der Zeitraum für Berufungen auf fünf Jahre begrenzt werden, derzeit dauert er bei einigen Todeskandidaten bis zum natürlichen Lebensende: Zwischen der Wiedereinführung der Todesstrafe im Jahr 1978 und 2015 starben 70 Todeskandidaten im Gefängnis eines natürlichen Todes, 24 weitere begingen Selbstmord. Eine handvoll weiterer zum Tode Verurteilter starb durch Drogenüberdosis oder Mord.

In Umfragen führen derzeit die Befürworter von Propositon 62, also der kompletten Abschaffung der Todesstrafe in Kalifornien. Sollten beide Vorschläge vom Wähler angenommen werden, gewinnt jener Vorschlag mit den meisten Stimmen. (Stefan Binder, 7.11.2016)