Seit einigen Wochen wird gehämmert und geschraubt und über neue Nutzungen für alte Ställe nachgedacht.

Foto: Böckle

Im Stall X in der Wiener Krieau riecht es heute, mehrere Monate nachdem die letzten tierischen Bewohner ausgezogen sind, noch immer nach ihnen. Ein Arbeiter kärchert sich gerade von Pferdebox zu Pferdebox. Im Anschluss sollen Böden und Wände gekalkt werden. Dann, so der Plan, ist alles weitgehend geruchsneutral und bereit für den "Ochs+Esel Wintermarkt", der von 26. November bis 18. Dezember hier über die Bühne gehen wird.

Es wird das erste Event in einem rund ein Hektar großen Areal unweit der Trabrennbahn sein, das der Leerstandsagentur Nest von der IC Projektentwicklung, die in der Gegend das Viertel Zwei entwickelt, vor kurzem mittels Überlassungsvertrag überantwortet wurde.

Alternative Projektentwicklung

Nest ist eine im Vorjahr präsentierte Initiative, die zwischen Eigentümern leerstehender Flächen und Interessenten vermittelt und selbst als Mieterin auftritt. Das Areal, das ihr nun bis Ende September 2018 zur Verfügung gestellt wurde, umfasst mehrere Stallungen sowie Lager- und Freiflächen. Dafür muss die Agentur für die Betriebskosten und sämtliche Investitionen vor Ort aufkommen.

In das klassische Zwischennutzungskonzept passt die Krieau aber nicht, erklärt Lukas Böckle, Co-Geschäftsführer der Agentur: "Wir probieren hier eher eine alternative Projektentwicklung." Entstehen soll eine Eventlocation, aber auch Raum für Kreative. Der Projektname: "Creau", kurz für Creative Au. Dafür holte Böckle sich auch Experten aus Gastronomie und Eventmanagement an Bord. Ziel ist die Gründung einer Genossenschaft.

Derzeit ist noch alles offen: Seit eineinhalb Monaten steht an der Straße, schräg gegenüber der Trabrennbahn, wo oft Besucher den Pferden beim Training zusehen, ein zweistöckiger Container. Er wurde gebraucht im Internet erstanden und dient als Hauptquartier für die Zwischennutzer. Lukas Böckle und seine Kollegen sitzen oben im ersten Stock an Kartonmöbeln und neben bunten To-do-Listen vor ihren Apple-Laptops.

Biergarten und Foodtrucks

Am Computer zeigt der Architekt Böckle am Bildschirm, wie es hier einmal ausschauen könnte. Bereiche für Kinder sind ebenso geplant wie ein Biergarten, eine Werkstatt und Freiflächen für Foodtrucks. Außerdem soll es Platz für Bockwerk, ein Projekt des Vereins Ute Bock, geben. Derzeit finde ein "langsames Herantasten" daran statt, was möglich ist. "Was dann behördlich genehmigt wird, wird auch noch spannend", so Böckle.

Unten, im derzeit noch etwas chaotischen Erdgeschoß des Containers, wird es außerdem einen Raum für Workshops geben. Derzeit befinde man sich auf der Suche nach Mietern für die Flächen. Interesse sei zwar bereits vorhanden, sagt Gastro-Experte David Kreytenberg, der neben Böckle am Bürotisch werkt. Aber die Branche sei solchen neuen Angeboten gegenüber auch aufgrund schlechter Erfahrungen in der Vergangenheit oft misstrauisch.

Denkmalgeschützte Ställe

Alles, was sich in seiner temporären Form hier in der Krieau etabliert, soll auch später Platz finden, so der Plan. Aber nicht in jenen Ställen, die jetzt bespielt werden: Diese werden nämlich nach der Zwischennutzung abgerissen, bis 2021 soll hier ein Projekt mit gemischter Nutzung entstehen, erzählt Florian Felder, Pressesprecher der IC Projektentwicklung, im Gespräch mit dem STANDARD.

Nicht weit davon gibt es denkmalgeschützte Ställe, die nun saniert werden. Derzeit befinde man sich in Gesprächen mit dem Bundesdenkmalamt, so Felder: "Unsere Idee war immer, dort Platz für Handwerk und Ateliers zu schaffen." Doch solche Einrichtungen einfach hinzustellen und erst dann auf Nutzersuche zu gehen würde nicht funktionieren, glaubt Felder.

Daher wird nun auf ein Etablieren des Standortes im Vorfeld gesetzt. "Wir wollen den Menschen einen Grund geben, herzukommen. Denn das Gelände war vorher nicht für die Öffentlichkeit zugänglich", sagt Felder. Man wolle nun schauen, was bei den Menschen ankommt und was nicht. Die jungen Kreativen wollen nun jedenfalls langsam vorgehen und die Flächen nicht gleich alle füllen.

In Branche angekommen

Derzeit mietet Nest in ganz Wien drei Projekte, die an Zwischennutzer untervermietet werden. "Und es kommen laufend neue Projekte rein", sagt Böckle. Das Thema Zwischennutzung komme nun nämlich immer mehr in den Köpfen von Eigentümern an: "Denn Leerstand läppert sich mit den Betriebskosten zusammen."

Auch für die IC Projektentwicklung ist es das erste derartige Projekt. Mancher Mitarbeiter musste intern erst überzeugt werden, gibt Felder zu. Nun dürfen die neuen Nutzer aber in den Stallungen walten und die künftigen Mieter selbst auswählen.Events wie Ochs+Esel werden der IC Projektentwicklung aber vorab präsentiert. "Eigentlich kann wenig schiefgehen", meint Felder. "Man merkt gleich: Hier wird etwas ausprobiert." (Franziska Zoidl, 7.11.2016)