Bild: Titanfall 2
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Als "Titanfall" im Frühjahr 2014 erschien, war es eines der Spiele mit den meisten Vorschusslorbeeren aller Zeiten. Das rasante Multiplayer-Spektakel mit den haushohen Kampfrobotern aus der Feder früherer "Call of Duty"-Masterminds hatte schon bei seiner Präsentation ein Jahr zuvor auf der E3 über 60 Awards (!) abgeräumt. Anfänglich ein Exklusivtitel für Xbox One, konnte der bombastische Sci-Fi-Shooter aber bei Release die durch den Hype geschürte Hoffnung auf die nächste Evolutionsstufe im FPS-Genre nicht ganz erfüllen.

Denn trotz solider Verkäufe wurde es relativ schnell ganz schön ruhig um den Anwärter auf den Multiplayer-Thron. Das vor kurzem veröffentlichte "Titanfall 2" (Xbox One, PS4, Windows, ab 49,90 Euro) schickt sich nun an, wirklich alles richtig zu machen.

Einer der Hauptkritikpunkte am Vorgänger war das völlige Fehlen einer Einzelspielerkampagne, und der wird mit "Titanfall 2" auf eindrucksvolle Art und Weise ausgebügelt: Statt wie in so manchem anderen großen Multiplayer-Titel nur zur Vorstellung der Maps und somit als halbherziger Zeitvertreib zu dienen, überrascht Entwickler Respawn mit einer der abwechslungsreichsten, spannendsten und gelungensten Story-Kampagnen des gesamten Spielejahres. Richtig gelesen: Das knapp sechs Stunden lange Einzelspieler-Erlebnis darf sich zu den Höhepunkten eines ohnedies nicht schwachen Jahres für First-Person-Freunde zählen.

Starke Single-Player-Kampagne

Die actionreiche Geschichte um den kleinen Frontsoldaten Jack Cooper, der im Einsatz auf einem fremden Planeten zum Piloten eines waffenstarrenden Kampfroboters, des titelgebenden Titanen, und zum Retter eines ganzen Planeten wird, mag zwar recht generisches Military-SF-Einerlei sein, dafür entschädigt "Titanfall 2" aber mit einer abwechslungsreichen Abfolge von Spielideen, die man in dieser Dichte am ehesten Valve zugetraut hätte. Akrobatische Sprungeinlagen, hitzige Massenschlachten, im Gedächtnis bleibende Schauplätze und spannende Bosskämpfe wechseln sich so rasch ab, dass kaum Zeit für Wiederholungen bleibt. Im Gegenteil: Manche kreative Spielelemente, auf denen anderswo stundenlang herumgeritten wird, verschwinden nach überraschend kurzer Zeit und machen schon wieder dem nächsten Platz.

Sowohl die Sequenzen im Cockpit des kampfstarken Titanen als auch jene zu Fuß als hyperbeweglicher Pilot fügen sich zu einem absolut unterhaltsamen Gesamtpaket, in dem einem auch der Stahlkamerad mit seinem trockenen Sinn für Humor – oder eher: seinem Unverständnis desselben – ans Herz wächst. Das unterhaltsame Geplänkel zwischen Titan und Piloten sowie das futuristische Setting tragen wohltuend dazu bei, dem bei "Call of Duty" und anderen Spielen mit "realistischeren" Militärszenarios vorherrschenden Hurrapatriotismus sowie Brutalität und Pathos die Spitze zu nehmen.

Perfektionierter Mehrspielerteil

Unter der Ergänzung dieser ambitionierten Einzelspielerkampagne hat auch der Multiplayerteil nicht gelitten. Freunde des Vorgängers werden sich trotz Änderungen sofort zurechtfinden: Wieder treten die akrobatischen Piloten in diesmal zwölf verschiedenen Spielmodi auf neun abwechslungsreichen Maps in Teams gegeneinander an und können erst später im Match ihre Titanen als mächtige Fahrzeuge anfordern. Bei aller Zerbrechlichkeit sind Piloten ohne Titanen rasend schnell unterwegs: Die rasante Beweglichkeit, mit schnellen Doppelsprüngen, Rutschen und "Wallruns", ist ein Markenzeichen der Serie, und in Sachen Zugänglichkeit und Spaß an der Bewegung macht "Titanfall" dem Parkour-Spezialisten "Mirror’s Edge" absolut Konkurrenz.

Nur im "Pilot vs. Pilot"-Modus verzichtet "Titanfall 2" in seinen Matches ganz auf die Kampfkolosse, zu den aus dem Vorgänger bekannten Spielmodi neu hinzugekommen sind "Kopfgeldjäger", bei dem sich die Teams Konkurrenz bei der lukrativen Jagd nach NPCs machen dürfen, sowie die 1-vs-1-Variante "Kolosseum". Die größten Neuerungen betreffen allerdings die Spieler-Progression: In sieben verschiedenen Klassen können die Piloten, aber auch die Titanen – von denen gibt es insgesamt sechs völlig neue Modelle – nach und nach via Unlocks individuell entwickelt und ausgerüstet werden.

Imposante Stahlgewitter

Gutes Teamwork wird vor allem im Kampf gegen eingespielte Gegner unverzichtbar, denn Einzelkämpfer sehen sich bald schier unbesiegbaren Titanen gegenüber. Da die Anti-Titanen-Waffen der Infanteristen merklich schwächer ausgefallen sind als im Vorgänger, hat ein David ohne Kampfroboter in der direkten Konfrontation mit den stählernen Goliaths wenig Aussicht auf Erfolg – immerhin lassen sich gegnerische Mechs erklettern, um wertvolle Batterien für verbündete Titanen zu erobern; eine regenerierende Gesundheit haben diese nämlich nicht mehr.

Wie schon "Titanfall" imponiert auch der Nachfolger durch rasantes Gameplay und bombastische Inszenierung, obwohl schon wieder keine zerstörbare Szenerie und Architektur den massiven Kampfmaschinen sichtbare Durchschlagskraft verleihen. In Sachen Atmosphäre, Sound und Grafik ist "Titanfall 2" zwar kein Ausnahmespiel, doch vor allem hitzige Gefechte werden dank ihrer Geschwindigkeit und zahlreicher auch taktischer Möglichkeiten zu imposanten Stahlgewittern, in denen zwar auch Anfänger ihren Spaß haben, aber Könner natürlich regieren. Erfreuliches Detail: In Sachen Server- und Spielstabilität gibt es nichts zu bemängeln.

Video: Wir spielen "Titanfall 2"
WIRSPIELEN

Fazit

"Titanfall 2" macht Versäumnisse des Erstlings gut, perfektioniert seine Stärken und sorgt durch sinnvolle Neuerungen wie Loadouts und Titanenklassen für Langzeitmotivation und Abwechslung. Wirklich überraschend ist die Qualität der Einzelspielerkampagne: Genau so sieht eine Einladung an all jene aus, die das Szenario spannend finden, aber in Sachen Multiplayer skeptisch sind. Sie werden durch die absolut gelungene Kampagne blendend unterhalten und an Spielsysteme und Titanen herangeführt, bevor sie sich dann vielleicht doch ins Gefecht gegen echte Menschen stürzen. Aber auch Multiplayer-Profis werden ihren Spaß an der abwechslungsreichen Geschichte haben, die weit mehr ist als nur Dreingabe.

"Titanfall 2" ist ein in Sachen Spieldesign rundum gelungenes Gesamtpaket für FPS-Freunde, die sich auch darüber freuen werden, dass Respawn völlig auf kostenpflichtiges DLC und Season Pass zugunsten eines Gratismodells verzichtet. Schade ist nur, dass das Spiel durch die Publisher-Entscheidung des Launch-Termins ein schweres Schicksal hat: Eingezwängt zwischen die größten First-Person-Blockbuster des Jahres, "Battlefield 1" und "Call of Duty: Infinite Warfare", droht ihm durch diese übermächtige Konkurrenz schon kurz nach Veröffentlichung und völlig unverdient der Untergang – die Analysten sagen Publisher EA schon jetzt nichts Gutes voraus. Das wäre angesichts seiner Qualität wirklich schade. Das Sandwich-Dasein zwischen zwei Blockbustern hat der äußerst unterhaltsame Shooter nämlich nicht verdient. (Rainer Sigl, 7.11.2016)

"Titanfall 2" ist ab 16 Jahren für Windows-PC, PS4 und XBO erschienen. UVP: ab 59,99 Euro.