Rom – Der Vatikan reagiert hart auf Aussagen eines Priesters, der im Rahmen einer Sendung des erzkatholischen Radiosenders "Radio Maria" das Erdbeben in Mittelitalien als "Strafe Gottes" bezeichnet hatte. Gott habe die Italiener mit dem Erdbeben für die jüngst beschlossene Legalisierung von homosexuellen Lebenspartnerschaften strafen wollen, so ein Mitarbeiter des Radiosenders, Pater Giovanni Cavalcoli.

Der vatikanische Innenminister Erzbischof Angelo Becciu bezeichnete die Worte des Priesters als "beleidigend für Gläubige und skandalös für Nicht-Gläubige". Becciu entschuldigte sich bei den durch die schweren Erdbeben der vergangenen Woche obdachlos gewordenen Menschen. Der Papst sei ihnen nahe, versicherte der Erzbischof. "Wer von 'Radio Maria' aus von einer göttlichen Strafe spricht, beleidigt den Namen der Muttergottes, die Gläubige als barmherzige Mutter betrachten", sagte Becciu.

Chefredakteur auf Distanz

Zu Cavalcolis Aussagen, die empörte Reaktionen auslösten, ging auch der Chefredakteur von "Radio Maria", Livio Fanzaga, auf Distanz. Cavalcoli habe eine persönliche Meinung ausgedrückt, die keineswegs jener des Radiosenders entspreche. Mittlerweile hat sich der Sender von dem Pater getrennt. Die monatliche Sendung Cavalcolis sei suspendiert, teilte Radio Vatikan am Samstag mit. Der Radiosender entschuldigte sich bei den Obdachlosen in Mittelitalien. "Wir werden ihnen im Gebet weiterhin nahe sein", hieß es in einer Presseaussendung des Radiosenders. Kritik an Cavalcoli kam auch von der italienischen Bischofskonferenz CEI.

Cavalcoli ließ sich nicht beeindrucken. "Ich bin seit 30 Jahren Doktor der Theologie und habe im Vatikan mit Johannes Paul II. gearbeitet. Sünden wie Homosexualität verdienen eine Gottesstrafe, die sich auch in Form von Erdbeben manifestieren kann", sagte Cavalcoli. Er bekräftigte, dass nach den Prinzipien christlicher Ethik Homosexualität "wider die Natur" sei.

Weltweites Radio Maria

"Radio Maria" entstand 1982 als kleiner Pfarrsender im Städtchen Erba nahe Mailand. Der Sender will durch die tägliche Ausstrahlung der Messe und des Rosenkranzes spirituelle Hilfe leisten. Bereits 1990 galt "Radio Maria" als ein Sender mit Italien-weiter Ausstrahlung. Daraufhin verbreitete sich das Konzept von "Radio Maria" weltweit. Die einzelnen nationalen "Radio Maria"-Organisationen sind verwaltungsmäßig unabhängig.

Immer mehr Paare machen in Italien von dem Gesetz zur Anerkennung homosexueller Partnerschaften Gebrauch, das Ende Juli in Kraft getreten ist. Um die Regelung war im katholisch geprägten Italien jahrelang gerungen worden. Italien war das letzte westeuropäische Land, in dem homosexuelle Partnerschaften bis vor kurzem keine rechtliche Grundlage hatten. Auch der Europäische Menschenrechtsgerichtshof hatte dies kritisiert.

Ermittlung nach Einsturz von Kirchen

Die Staatsanwaltschaft der mittelitalienischen Stadt Macerata hat nach dem Einsturz des Kirchturms der Kirche Santa Maria in Via in der Marken-Stadt Camerino Ermittlungen aufgenommen. Die Kirche war nach einem Erdbeben 1997 restauriert worden und stürzte bei dem Beben am vergangenen Sonntag auf ein Gebäude, in dem Studentinnen wohnten. Diese konnten sich retten.

Die Staatsanwaltschaft vermutet Fahrlässigkeit und Schlamperei. Wegen Einstürzen weiterer Gebäude, die nach dem Beben 1997 bereits restauriert worden waren, den nunmehrigen Erdstößen jedoch nicht Stand halten konnten, wurden Ermittlungen eingeleitet.

Tod's will Fabrik errichten

Der italienische Luxuskonzern Tod's bekräftigte indes seine Pläne zur Eröffnung eines Schuhproduktionswerks in Arquata del Tronto, einer vom Erdbeben im August schwer zerstörten Gemeinde. Obwohl Arquata beim Erdbeben am Sonntag neue Schäden erlitten habe, halte sein Konzern an seinen Plänen fest, berichtete Tod's Eigentümer, der Großunternehmer Diego Della Valle. Die Fabrik soll innerhalb eines Jahres eingeweiht werden.

Della Valle besuchte am Samstag die Gemeinde Arquata, in der beim Erdbeben am 24. August 51 Menschen ums Leben gekommen sind. Arquata zählt zu den vom Erdbeben am stärksten zerstörten Gemeinden. "Wir sind ein Unternehmen mit starker territorialer Verankerung. Daher wollen wir unseren Beitrag zum Wiederaufbau der Erdbebengemeinden in unserer Region Marken leisten", sagte Della Valle.

Tod's ist in Fermo in der Region Marken beheimatet, in der mehrere Gemeinden vom Erdbeben schwer beschädigt wurden. Della Valle ist als Mäzen bekannt. So hatte er unter anderem die Restaurierung des Kolosseums in Rom finanziert. (APA, 5.11.2016)