Mädchen aus drei Ländern trafen sich im Bregenzer Landhaus zum ersten Mädchenparlament.

Foto: Werner Micheli

Bregenz – Die Landtagspräsidentin hat bosnische Wurzeln, eine ihrer Vizepräsidentinnen trägt Rastazöpfe, auf allen 36 Abgeordnetensitzen junge Frauen. Die Regierungsbänke sind leer. Mädchen aus Vorarlberg, Liechtenstein und dem Schweizer Nachbarkanton Graubünden zeigten vergangenen Samstag wie ein Parlament ohne graue Herren aussehen könnte.

Nicht nur optisch unterschied sich die erste länderübergreifende Parlamentssitzung. Die 14- bis 16-Jährigen zeigten, dass Diskussion auch ohne Parteiengeplänkel, Zwischenrufe, verbale Untergriffe möglich ist.

Anfänglich zeigten sich die Sitzungsteilnehmerinnen eingeschüchtert vom Ambiente des Landtagssaales, Rednerpulte und Mikrofone gehören augenscheinlich nicht zu den Kommunikationstools der Mädchen, flößen ihnen Angst ein. So blieb der erste Antrag aus Graubünden, der sehr ambitioniert Möglichkeiten der Integration von jugendlichen Flüchtlingen vorschlug, – wie Wahlrecht nach zwei Jahren und verkürzte Lehre -, fast unkommentiert.

Freiräume und Schönheit

Lebhafter wurde die Debatte beim Liechtensteiner Antrag zur Forderung nach mehr Freizeiträumen und einem weiteren über Schönheitsideale. Die Liechtensteinerinnen verwahrten sich gegen Bekleidungsvorschriften. Wer dabei an Verschleierung oder Ähnliches dachte, wurde überrascht. Es ging um Shorts und Spaghettiträger, die Liechtensteiner Lehrende nicht so gerne sehen.

Ebenso überraschend der Zugang der Mädchen aus dem Fürstentum zum Schönheitsoperationen. Menschen, die sich operieren lassen, sollen nicht verurteilt werden, forderten sie. Ihre Vorschläge an die Politik: Infokampagnen über (un)realistische Darstellungen aller Geschlechter. Für "aller" bekamen sie Lob aus Vorarlberg. "Schön, dass ihr nicht beider Geschlechter geschrieben habt."

Integration durch Begegnung

Die Vorarlbergerinnen zeigten sich als die diskussionsfreudigsten Delegierten. Sie widmeten sich ebenfalls dem Thema Integration, forderten mehr direkte Begegnungen mit Flüchtlingen, regten an, das Projekt Sprachencafé des Bludenzer Gymnasiums auf das ganze Land auszuweiten. Information über Möglichkeiten der Begegnung mit Flüchtlingen sollten bereits in der Unterstufe gegeben werden, brachten die jüngeren Mädchen ein. Und: Die Ausbildung der Flüchtlinge in ihren Heimatländer sollte hier anerkannt werden.

Integration funktioniere nur über Begegnung, war der Tenor der Diskussion. Ein praktikabler Vorschlag dazu: "Die Vereine, vor allem die Feuerwehr, sollen sich für Flüchtlinge öffnen."

Der Ball liegt bei der Politik

Ähnlich wie bereits ihre Mütter und Großmütter forderten die Mädchen finanzielle Gleichstellung und verbesserte Kinderbetreuungsangebote. Anders als frühere Frauengenerationen möchten sie aber Militärpflicht auch für Frauen. Weitere Wünsche an die Politik: Workshops zu Genderfragen und bessere Informationen zur Berufswahl. Und dann hätten die Mädchen gerne Gleichstellung in der Berichterstattung über Frauenfußball.

Die Forderungen des Mädchenparlaments, das vom Bregenzer Verein Amazone vorbereitet wurde, durften zum Schluss der Sitzung die politisch Verantwortlichen der drei Länder entgegennehmen. Während Liechtenstein und Graubünden Frauenpolitik von Männern gemacht wird, war Vorarlberg durch die Frauenlandesrätin vertreten. Bei ihnen liegt nun der Ball. (Jutta Berger, 6.11.2016)