Künstlerische Darstellung des James Webb Space Telescope bei der Arbeit.

Illustr.: Northrop Grumman

Der fertige Primärspiegel im Reinraum des Goddard Space Flight Center der Nasa in Greenbelt, Maryland.

Foto: NASA/Chris Gunn

Greenbelt – Fast 20 Jahre sind seit Konstruktionsbeginn vergangen, jetzt starteten die ersten Tests am größten je gebauten Weltraumteleskop: Der Bau des James Webb Space Telescope (JWST) ist abgeschlossen, 2018 soll es ins All gebracht werden. Die Umsetzung des etwa 8,7 Milliarden Euro schweren Kooperationsprojekts der US-Raumfahrtbehörde Nasa, der Europäischen Weltraumorganisation Esa und der Kanadischen Weltraumagentur CSA verzögerte sich aufgrund eines deutlichen Kostenanstiegs um mehrere Jahre.

Doch nun ist alles auf Schiene: Erste durchgeführte optische Messungen am Goddard Space Flight Center der Nasa (Greenbelt, Maryland) zeigten, dass der Hauptspiegel voll funktioniert. Nun sollen Belastungstests folgen, bei denen die unsanften Bedingungen des Starts mit der Trägerrakete Ariane 5 simuliert werden. Anschließend werden die optischen Messungen wiederholt und die Ergebnisse verglichen, um etwaige Probleme zu identifizieren.

Entfaltung im Weltraum

Der Hauptspiegel des James Webb Space Telescope, das den Namen des 1992 verstorbenen ehemaligen Nasa-Leiters James Edwin Webb trägt, hat einen Durchmesser von 6,5 Metern. Es wiegt an die 6,2 Tonnen und besteht aus 18 sechseckigen Modulen aus Beryllium, die mit Gold beschichtet sind und insgesamt auf mit 25 Quadratmeter Spiegelfläche kommen. Die Module sollen sich erst im All entfalten, ihr Rahmen besteht aus einem eigens entwickelten Verbundwerkstoff.

Das neue JWST soll nach Licht der ersten Sterne und Galaxien nach dem Urknall suchen. Damit soll auch das Verständnis der Struktur von Sternen und planetaren Systemen erweitert und der Ursprung von Leben untersucht werden. Eines Tages soll es das Hubble-Weltraumteleskop ersetzen. Nachdem dessen Mission im Sommer um weitere fünf Jahre verlängert wurde, dürften die beiden Weltraumteleskope aber noch mehrere Jahre gleichzeitig im Einsatz sein, ehe es zum Generationswechsel kommt.

Leistungsstarkes neues Auge

Während das Weltraumteleskop Hubble vor allem im optischen und ultravioletten Bereich arbeitet, soll das James Webb-Teleskop im Schwerpunkt Infrarotwellen wahrnehmen. Das heißt, es wird noch weiter in die Vergangenheit des Universums zurückschauen können. Außerdem verbergen sich junge Sterne oft hinter einer Staubwolke, die sichtbares Licht nicht durchdringen kann, Infrarot jedoch schon.

Lieferte Hubble also Bilder aus der Kindheit des Universums, wird Webb Einblicke in dessen Babyphase erlauben, hoffen Astronomen. Während Hubble mit einem festen Spiegel von 4,5 Quadratmetern und 14,5 Metern Länge noch in einen großen Lkw-Anhänger passte, erreichen Webb bisher unerreichte Dimensionen.

Und es gibt noch einen weiteren bedeutenden Unterschied: Während Hubble in 570 Kilometern Höhe um die Erde kreist, soll Webb rund 1,5 Millionen Kilometer weit ins All fliegen. Dort soll das Teleskop um den sogenannten Lagrange-2-Punkt kreisen, der sich auf einer Verlängerung der Sonne-Erde-Achse befindet. Ein Nachjustieren oder Reparieren durch Astronauten ist bei Webb also, anders als es bei Hubble der Fall war, nicht möglich. (red, APA, 6. 11. 2016)