Wien – Am Freitag trat das Pariser Klimaabkommen in Kraft. Die Euphorie von Politikern und Umweltschutzorganisationen ist groß: Mehr als 90 Staaten haben den Klimavertrag bereits ratifiziert, die Zustimmung kam rascher als erwartet. Bei der 22. Klimakonferenz (Cop 22) in Marokko, die ab Montag bis 18. November in Marrakesch tagt, geht es nun um die Umsetzung der ehrgeizigen Ziele. Nun heißt es die diplomatischen Hemdsärmel aufkrempeln. Denn kritische Punkte sind noch offen.

Grafik: Der Standard

Oberstes Ziel des globalen Abkommens ist die Begrenzung des Temperaturanstiegs auf unter zwei Grad Celsius gegenüber vorindustriellen Werten. Zwischen diesen Plänen und den nationalen Klimaschutzplänen klafft jedoch eine Lücke: Aktuell würde die Erwärmung bis zum Ende des Jahrhunderts 2,7 Grad Celsius betragen. Zu diesem Ergebnis kamen UN-Experten nach der Analyse der Strategien von knapp 150 Staaten.

Hoffen auf gemeinsamen Fahrplan

"Nach dem politischen Durchbruch in Paris müssen wir jetzt viele Details ausarbeiten, damit der Klimavertrag zur vollen Geltung kommt", sagt Umweltminister Andrä Rupprechter (ÖVP) dem STANDARD. Er hofft, dass sich die Minister aller Länder auf einen gemeinsamen Fahrplan einigen. Das sei ambitioniert, so Rupprechter, "aber ohne Alternativen".

Als Baustellen nennt der Umweltminister die Finanzierung des Klimaschutzes, die Regeln für die Transparenz von Beiträgen (NDCs), insbesondere der Berichterstattung von Treibhausgasemissionen und Maßnahmenumsetzung. Auch der genaue Ablauf der globalen Bestandsaufnahme (Global Stocktake), bei der überprüft werden soll, wie die Länder bei der Erreichung des Zwei-Grad-Celsius-Ziels dastehen, ist offen.

Warten auf die Klimastrategie

Österreich werde sich in Marrakesch weiterhin vehement gegen Atomenergie positionieren, so der Minister: "Denn sie ist keine CO2-neutrale Energieform. Ich setze mich vehement für eine Stärkung der erneuerbaren Energien ein."

Das Gastgeberland Marokko spürt den Klimawandel bereits: etwa in der Sahara in der Oase Tafilalet, die langsam austrocknet.
Foto: APA / AFP / Fadel Senna

Doch zuletzt gab es von den Grünen und Umweltschutzorganisationen wie Greenpeace Kritik an der österreichischen Klimapolitik: Es würden keine politischen Schritte mehr beschlossen. "Für die Kioto-II-Periode ist das Maßnahmenprogramm 2015 bis 2018 auf einem guten Weg", entgegnet der Umweltminister im Gespräch mit dem STANDARD der Kritik. "Der integrierten Energie- und Klimastrategie möchte ich nicht vorgreifen. Wenn diese fertig ist, werden die zusätzliche Maßnahmen gesetzt", sagt er.

Rupprechter mit 100-Millionen-Euro-Paket

Für die grüne Klimasprecherin Christiane Brunner ist das Warten auf die Klimastrategie eine "Ausrede". Sie fordert schon jetzt politische Taten, die "nicht nur im Umweltausschuss behandelt werden, da Klimaschutz alle Politikbereiche betrifft". Rupprechter verweist darauf, dass in seinem Ressort in den nächsten beiden Jahren 100 Millionen Euro für mehr Energieeffizienz in Betrieben, den Ausbau von erneuerbaren Energien und in die Stärkung von E-Mobilität eingesetzt werden sollen.

Österreichischer Beitrag nicht geklärt

Auch der österreichische Beitrag für den globalen Klimafonds ist noch nicht geklärt. Ab 2020 sollen rund 91 Milliarden Euro jährlich für Klimaschutzmaßnahmen in Entwicklungsländer fließen. Adam Pawloff, Klimasprecher von Greenpeace Österreich, fordert eine konkrete Zusage Österreichs. "Großbritannien hat ab 2020 mindestens 6,5, Frankreich fünf und Deutschland 4,6 Milliarden Euro pro Jahr zugesagt", sagt er.

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Die Weltklimakonferenz beginnt am Montag in Marrakesch.
Foto: Reuters / Youssef Boudlal

Österreich habe 2014 rund 141 Millionen Euro für die Klimafinanzierung bereitgestellt. Circa die Hälfte davon seien tatsächliche Zuschüsse. Bei dem Rest handle es sich um bestehende Beiträge zur Entwicklungszusammenarbeit, wie etwa um Exportkredithaftungen. Für Brunner wäre ein fairer Beitrag von Österreich rund 200 Millionen Euro pro Jahr.

Trump leugnet Klimawandel

Das nächste wichtige Datum ist 2018. Dann wird eine Zwischenbilanz gezogen, auf deren Grundlage die Staaten 2020 ihre neuen Klimaziele vorlegen. Für das Gelingen des Vertrags ist auch die US-Präsidentschaftswahl am Dienstag entscheidend: Der republikanische Kandidat Donald Trump bezeichnet den vom Menschen gemachten Klimawandel als chinesische Erfindung. Im Falle seines Sieges will er, dass die USA vom Klimaabkommen zurücktreten. (Julia Schilly, 7.11.2016)