Dass die US-Bundespolizei FBI regelmäßig das Präsidialbüro und den amerikanischen Kongress von wichtigen Vorgängen informiert, die die Sicherheit der Nation betreffen, ist nichts Ungewöhnliches – im Gegenteil: Es ist ihr Job.

Doch die Formulierung massiver Verdachtsmomente gegen die demokratische Präsidentschaftskandidatin Hillary Clinton im Zusammenhang mit der seit Monaten schwelenden E-Mail-Affäre und nun, zwei Tage (!) vor der Wahl, die ebenso plötzlich formulierte Entlastung der Verdächtigen, das alles lässt natürlich den Verdacht aufkommen, dass hier nicht herkömmliche Polizeiarbeit gemacht, sondern Wahlkampf betrieben wurde und wird.

Katastrophales Timing

Doch auch wenn die Entwicklung der Ermittlungen nichts mit der Präsidentschaftswahl am 8. November zu tun haben sollte: Das Timing ist katastrophal – natürlich vor allem für Clinton, die sich bis vor wenigen Tagen in Umfragen deutlich von ihrem republikanischen Konkurrenten Donald Trump abgesetzt hatte, danach aber wieder ordentlich ins Straucheln gekommen war. Das Rennen war zuletzt wieder offen wie schon seit dem Sommer nicht.

Gut möglich, dass der belastende Brief von FBI-Chef James Comey an den Kongress in der vergangenen Woche dazu beitragen wird, dass Clinton die Wahl doch noch verliert.

Der neue, entlastende Brief könnte erstens zu spät kommen, um die Verdachtsmomente wieder auszuräumen, und zweitens könnte er der Demokratin sogar noch weiter schaden: Trump hat bereits lauthals getönt, dass seine Kontrahentin eben vom Establishment beschützt werde, darum habe es nun diesen überraschenden Zaubertrick in letzter Sekunde gegeben. Dieses Argument muss erst einmal glaubwürdig entkräftet werden, und dafür fehlt eines ganz sicher: die Zeit.

Wahlentscheidender Faktor

Sollte die Faktenlage nun durch das FBI korrekt dargestellt sein: Mit den beiden Briefen ist Politik gemacht worden. Jedenfalls wird das Wahlergebnis, das wir in der Nacht auf Mittwoch erfahren werden, zum Teil von diesen beiden Schreiben beeinflusst sein – und damit von der Arbeit einer amerikanischen Bundesbehörde, die das genau nicht machen darf: Politik nämlich. (Gianluca Wallisch, 7.11.2016)