Die chronisch obstruktiven Lungenerkrankungen – COPD, Lungenemphysem und chronisch obstruktive Bronchitis – sind echte "Killerkrankheiten": Sie kosten weltweit jährlich mehr als fünf Millionen Menschen das Leben. Darauf verwiesen jetzt die Experten der Österreichischen Gesellschaft für Pneumologie (ÖGP).

Nach Herzinfarkt und Schlaganfall sind COPD-Erkrankungen die dritthäufigste Todesursache weltweit, ihre Häufigkeit ist derzeit im Ansteigen begriffen. "Besonders gefürchtet sind die akuten Verschlechterungen dieser chronischen Erkrankung, die auch als Exazerbation bezeichnet werden", erläuterte der Lungenfacharzt Bernd Lamprecht, Generalsekretär der ÖGP.

"Exazerbationen gehen mit einem besonders starken Verlust an Lungenfunktion und weitreichenden Einschränkungen der Lebensqualität einher. Schwere Exazerbationen, also jene die einer Krankenhausbehandlung bedürfen, sind mit einer Sterblichkeit verbunden, die jener bei akutem Herzinfarkt entspricht", fügte Lamprecht hinzu.

Ein Frage der Alarmierung

"Während jedoch bei Verdacht auf Herzinfarkt sofort alle alarmiert sind und eine genau definierte diagnostische und therapeutische Kaskade abläuft, ist bei einer COPD-Exazerbation dieses für das Überleben der Patienten so wichtige, klar strukturierte Vorgehen mitunter nicht gegeben."

In Österreich allerdings kommen laut den Experten lebensnotwendige diagnostische Verfahren, wie die Blutgasanalyse, und therapeutische Interventionen, wie die nicht-invasive Beatmung, nicht in allen Krankenhäusern im notwendigen Ausmaß zur Anwendung. Analog zu "Schach dem Herztod" möchte die ÖGP nun mit dem Slogan "Schach dem Lungentod" die erforderlichen Schritte aufzeigen.

COPD ist eine chronische Krankheit, die zur Zerstörung der Bronchien, der Lungenbläschen und der Lungengefäße führt. Ausgelöst und verstärkt wird COPD durch Aktiv- und Passivrauchen, Schadstoffeinwirkung wie Feinstaub und Abgase sowie gehäufte Infekte. Auch wenn die Krankheit nicht heilbar ist, gibt es dennoch therapeutische Möglichkeiten, um das Fortschreiten der Krankheit aufzuhalten und die Lebensqualität der Patienten zu verbessern. Wer an COPD erkrankt ist, muss damit rechnen, dass seine Lebenserwartung um bis zu zehn Jahre verkürzt ist. Die Krankheit ist unter anderem deshalb so heimtückisch, da sie sich meist sehr langsam über einige Jahrzehnte hinweg entwickelt.

Husten und Auswurf

Meinhard Kneussl, Vorstand der 2. Medizinischen Abteilung mit Pneumologie am Wilhelminenspital Wien und Präsident der ÖGP, sagte dazu: "Symptome wie chronischer Husten mit Auswurf und Atemnot werden von den Patienten oft nicht richtig wahr- und ernst genommen und somit auch nicht dem Arzt mitgeteilt." In 90 Prozent der Fälle kommt es erst dann zur Diagnose COPD, wenn bereits Atemnot – und diese auch meist bereits bei geringer Anstrengung – vorliegt. Zu diesem Zeitpunkt aber sind in der Regel bereits 50 Prozent der Lungenstruktur angegriffen oder unwiederbringlich zerstört. Dabei würde bereits ein einfacher Lungenfunktionstest Aufschluss geben.

Atemversagen ist eine der häufigsten Todesursachen bei schwerer COPD. Dem akuten Atemversagen geht eine schleichende chronische Verschlechterung der Atemleistung voran, die zu einer chronischen CO2-Vergiftung im Blut führt. Der Grund dafür: Die Patienten können bei stark eingeschränkter Lungenfunktion das im Körper als Stoffwechselprodukt anfallende CO2 nicht mehr abatmen und sterben an der daraus resultierenden CO2-Vergiftung, wenn sie nicht rechtzeitig auf eine Intensivstation gebracht und dort beatmet werden.

ÖGP-Präsident Kneussl sagte dazu: "Erhalten die Patienten bereits bei geringer chronischer CO2-Erhöhung im Blut eine Atemunterstützung, eine sogenannte nicht-invasive Beatmung mittels Atemmaske, können die CO2-Werte normalisiert werden; dies wiederum führt nicht nur zu einer deutlichen Milderung der Atemnot, auch die Sterberate sinkt drastisch."

Kontrolle der Blutgase

Voraussetzung dafür aber ist, dass Patienten mit schwerer COPD regelmäßig auf eine eingeschränkte CO2-Abatmung mittels Blutgasmessung ab dem Zeitpunkt von schwerer Atemnot und Einschränkung der körperlichen Belastbarkeit untersucht werden müssen.

Lamprecht stellte dazu fest: "In Österreich gibt es diesbezüglich aber noch Defizite." Das in Österreich durchgeführte COPD-Audit, in dessen Rahmen die Praxis der Behandlung der akuten Verschlechterung von COPD im Krankenhaus untersucht wurde, zeigte, dass bei durchschnittlich 17 Prozent der Patienten, die in der Notaufnahme aufgenommen werden, überhaupt keine Messung der Blutgase durchgeführt wird. Und nicht einmal die Hälfte der Patienten mit akuter CO2-Erhöhung wird in Krankenhäusern einer Maskenbeatmung zugeführt. (APA, 7.11.2016)